Hoaraus Tor lässt die Young Boys hoffen
Ein über weite Strecken mutiges YB ist mit dem 2:2 gegen Roter Stern Belgrad im Hinspiel des Champions-League-Playoffs schlecht belohnt. Die Ausgangslage ist ähnlich wie 2018 gegen Dinamo Zagreb.
Die zweite Halbzeit beginnt mit einem Schock für die Young Boys. Keine dreissig Sekunden sind vorbei, als der seit kurzem 21-jährige Cédric Zesiger, letzte Saison noch bei GC, einen fatalen Fehlpass spielt. Roter Stern Belgrads Captain Marko Marin profitiert und lanciert den Angriff, den der Argentinier Mateo Garcia erfolgreich abschliesst. Es ist im Hinspiel des Champions-League-Playoffs das 2:1 für die Gäste – und ein formidabler Einstand für Garcia, der erst seit ein paar Tagen bei Roter Stern ist.
Die Young Boys benötigen eine Viertelstunde, um sich zu erholen. Erst nach Roger Assalés Grosschance in der 64. Minute sind sie wieder spielbestimmend, Trainer Gerardo Seoane wechselt die verletzt gewesenen Christian Fassnacht und Guillaume Hoarau ein, nun stehen fünf YB-Offensivkräfte auf dem Platz. Und mit einem Energieanfall holt Nicolas Ngamaleu eine Viertelstunde vor Spielende einen Elfmeter heraus (dank des Videoschiedsrichters), Hoarau trifft mit seinem ersten Ballkontakt souverän zum 2:2. Die Young Boys suchen in der Schlussphase vehement den Sieg, Hoarau verpasst das 3:2 mit einem Kopfball um Zentimeter, Belgrad rettet das Remis über die Zeit.
Der dominante YB-Start
Das ausverkaufte Stade de Suisse erstrahlt am Mittwochabend im Sternenkleid, die Stimmung ist elektrisierend, sogar Nationaltrainer Vladimir Petkovic zeigt sich in einem Schweizer Stadion. Der Rahmen ist der Bedeutung des Anlasses angemessen: Es geht um die Zulassung zur Königsklasse, und es sind die Young Boys, die keine Zeit verlieren wollen auf dem Weg in die Gruppenphase. Sie beginnen dominant und schwungvoll und setzen ihren Matchplan vorerst konsequent um. Die Aussenverteidiger Ulisses Garcia und Jordan Lotomba stehen hoch, der lange Ball ist ein Stilmittel, um Unruhe zu verbreiten.
Hoaraus Penalty zum 2:2
In der siebten Minute verlängert Nsame einen weiten Pass von Goalie David von Ballmoos, der flinke Roger Assalé düst den schwerfälligen Belgrad-Verteidigern davon und trifft mit seinem schwächeren linken Fuss zum frühen 1:0. Der Schuss ist zentral und nicht unhaltbar, Torhüter Milan Borjan hinterlässt einen unglücklichen Eindruck.
Dieser Abend hält ohnehin eine Hauptrolle bereit für den 31-jährigen Torhüter. Borjan ist das, was man einen Fussball-Desperado nennt, er hat in Belgrad unverhofft und spät in seiner kuriosen Karriere das Glück gefunden. Geboren im heutigen Kroatien wuchs Borjan in Kanada auf, spielte in Argentinien und Uruguay, setzte sich dann auch in Europa nicht nachhaltig in Szene, weder in Serbien noch in der Türkei, nicht in Bulgarien und nicht in Polen. Aber er war stets solid genug, um einen neuen Arbeitgeber zu finden – und seit 2011 kanadischer Nationaltorhüter zu sein (45 Länderspiele).
Borjan im Mittelpunkt
Seit 2017 steht Borjan bei Roter Stern unter Vertrag, zuerst als dritter Goalie, bald als Nummer 1, er war zuletzt in der 3. Qualifikationsrunde der Held mit drei gehaltenen Elfmetern beim Penaltyspektakel auswärts gegen den FC Kopenhagen. Und nun bringt er YB mit teilweise unkonventionellen, aber meist wirkungsvollen Methoden in der ersten Halbzeit fast zur Verzweiflung. Borjan hechtet und faustet nach Assalés Tor alles weg, was durch seinen Strafraum fliegt. Den Abschluss Christopher Martins, den Schuss Michel Aebischers, den Versuch Ngamaleus. Es sind drei grosse, spektakuläre Paraden, die ein bisschen zu gross und spektakulär aussehen, weil Borjan keiner ist, der Hemmungen hat, seine 195 Zentimeter Körpergrösse aufsehenerregend durch die Luft zu bewegen.
Belgrads Tor zum 2:1
Die Berner scheitern an Borjan – einmal, zweimal, dreimal – und verpassen in der ersten Hälfte das zweite Tor. Sie sind in allen Statistikbereichen klar überlegen, schiessen öfter (10:4), haben beinahe zwei Drittel Ballbesitz, das 1:1 zur Pause ist für sie ein dürftiger Lohn. Der Ausgleich Roter Sterns fiel nach 18 Minuten und einem Eckball, den Milos Degenek mit dem Kopf in einer hohen Flugkurve verwertet.
Hier muss YB das ärgerliche 1:1 hinnehmen. (Quelle: SRF)
Kann YB die Hypothek im Rückspiel wettmachen?
Die Young Boys treten auch nach dem Gegentor mutig auf, wirken aber nach ihrem heftigen personellen Umbruch im Sommer teilweise noch nicht stabil und eingespielt genug, um bei Umschaltsituationen die Übersicht zu behalten. Das eröffnet den Gästen Konterchancen, in der 36. Minute rettet Fabian Lustenberger auf der Linie nach einem Schuss Marins.
Immer aber kann der Abwehrchef Stellungsfehler und Unsauberkeiten seiner jungen Verteidigerkollegen nicht korrigieren. Die zwei Gegentore sind eine hohe Hypothek für das Rückspiel am Dienstag in Belgrad. Andererseits: Vor einem Jahr qualifizierte sich YB nach einem eher ernüchternden 1:1 gegen Dinamo Zagreb dank eines 2:1-Auswärtssiegs für die Champions League. Hoaraus Tor lässt die Young Boys hoffen.
Telegramm: Young Boys - Roter Stern Belgrad 2:2 (1:1)
31'120 Zuschauer (ausverkauft). - SR Makkelie (NED).
Tore: 7. Assalé (Nsame) 1:0. 18. Degenek 1:1. 46. Garcia 1:2. 76. Hoarau (Foulpenalty) 2:2.
Young Boys: Von Ballmoos; Lotomba, Lustenberger, Zesiger, Ulisses Garcia (67. Janko); Martins, Sierro (57. Fassnacht); Assalé, Aebischer (73. Hoarau), Moumi Ngamaleu; Nsame.
Roter Stern Belgrad: Borjan, Gobeljic, Pankov, Degenek, Rodic; Cañas, Ivanic; Mateo Garcia (55. Jander), Marin, Vukanovic (85. Petrovic); Boakye (77. Tomane).
Bemerkungen: Young Boys ohne Spielmann, Lauper und Camara, Sulejmani (alle verletzt). Roter Stern Belgrad ohne Milunovic und Jovancic (beide gesperrt), Pavkov und Jovicic (beide verletzt). Verwarnungen: 37. Nsame (Foul). 45. Aebischer (Foul). 48. Sierro (Foul). 59. Jander (Foul).
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