Hitze und Parasiten setzen dem Berner Wald zu
Klimawandel, Borkenkäfer oder Pilze machen dem Berner Wald zu schaffen. Eine nachhaltige Bewirtschaftung wäre nötig. Doch die Waldwirtschaft kann das Potenzial nicht ausschöpfen

Zuerst die beiden Winterstürme Burglind und Evi, dann der warme und trockene Sommer und jetzt der Borkenkäfer. Das laufende Jahr hat dem Berner Wald stark zugesetzt. Volkswirtschaftsdirektor Christoph Ammann (SP) sprach am Freitag gar von einem Worst-Case-Szenario, das eingetroffen sei.
Zwar hätte das Sturmholz rechtzeitig aus den Wäldern entfernt werden können. «Die Hitzeperiode sorgte aber für ideale Bedingungen für den Borkenkäfer.» Derzeit ist dieser insbesondere im westlichen Oberland und im Emmental stark verbreitet.
Dort lebe er in Saus und Braus, wie es Ammann ausdrückte. «Die Ereignisse im laufenden Jahr zeigen, wie sich die Situation innert Kürze stark verschlechtern kann», sagte der Volkswirtschaftsdirektor.Doch auch längerfristig betrachtet steht es mit dem Berner Wald nicht zum besten.
Das zeigt der dritte Nachhaltigkeitsbericht seit 2008, den Ammann am Freitag vorgestellt hat. Insbesondere die Gesundheit des Waldes gibt demnach Anlass zur Sorge. Und eine Besserung ist nicht in Sicht. Aufgrund des Klimawandels dürfte es künftig vermehrt zu Trockenperioden und höheren Temperaturen kommen. Das aber schwächt die Widerstandskraft der Bäume.
Der Borkenkäfer ist denn auch nur einer von verschiedenen Schädlingen, die sich im Kanton Bern ausbreiten. Während er nur Fichten befällt, haben es Pilze auf Eschen und Föhren abgesehen. Erstere seien aufgrund der sogenannten Eschenwelke mittlerweile beinahe überall in einem schlechten Zustand, sagte Roger Schmidt, Vorsteher des Amts für Wald.
Um die Föhren steht es zwar noch besser. Aber auch die für sie gefährlichen Rotband- und die Braunfleckenkrankheiten seien gebietsweise bereits so weit fortgeschritten, dass eine flächendeckende Beseitigung nicht mehr möglich sei.
Rückläufige Bewirtschaftung
Generelle Probleme für den Wald verursacht zudem der hohe Stickstoffgehalt in der Luft. Besonders im Mittelland werden dadurch zunehmend das Wachstum und die Widerstandskraft von Buchen und Fichten gehemmt.
Hinzu kommen Waldbrände, die auch im Kanton Bern an Bedeutung gewinnen würden. In den letzten zehn Jahren ist es zu rund 300 Bränden gekommen, zwei Drittel davon in den letzten fünf Jahren. Und schliesslich sind die Wildschäden auf zehn Prozent der Waldfläche nach wie vor untragbar, so Schmidt.
Was also ist in Anbetracht dieser umfangreichen Krankenakte zu tun? In Zusammenarbeit mit der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft werde untersucht, welche Bäume mit dem wärmeren Klima besser zurechtkämen, sagte Ammann.
Er zweifle beispielsweise daran, dass in dreissig Jahren im Oberland noch immer die Fichte der prägende Baum sein werde. «Adaption heisst das Stichwort. Der Wald muss für den Klimawandel fit gemacht werden», so der Regierungsrat.
Andererseits sei für einen gesunden Wald auch eine gut funktionierende Wald-und Holzwirtschaft unabdingbar. Nur mit einer nachhaltigen Bewirtschaftung könne sich der Wald verjüngen, was für die Gesundheit und Widerstandskraft wichtig sei. Derzeit jedoch geht die Bewirtschaftung im Kanton Bern zurück.
Hauptgrund dafür sei der sinkende Holzpreis. Aber auch die Struktur der Branche sei mit ein Grund. «Sie ist klein strukturiert und wenig wirtschaftlich orientiert», sagte Ammann.
Nicht schlagkräftig
Rund ein Drittel des Waldes wird von den 97 Berner Forstbetrieben bewirtschaftet. Deren bewirtschaftete Fläche ist aber pro Betrieb mit 556 Hektaren nur halb so gross wie der Schweizer Durchschnitt. Die restlichen zwei Drittel des Waldes sind im Besitz von 328 öffentlichen und über 36 000 privaten Eigentümern.
Durchschnittlich besitzen sie um die drei Hektaren, was circa drei Fussballfeldern entspricht. Für zwei von drei Eigentümern ist der Wald keine Einkommensquelle, sondern ein Verlustgeschäft.
Das will Ammann mit einer neuen Waldstrategie ändern. «Wir wollen die Zusammenarbeit fördern», so der Regierungsrat. Denn grössere Betriebe seien schlagkräftiger und könnten kostengünstiger produzieren.
Dass eine Nachfrage nach Holz vorhanden ist, daran zweifelt der Volkswirtschaftsdirektor nicht. Nur werde diese momentan zu stark mit Importware gedeckt.
Massnahmen dafür, die kleinteiligen Eigentumsverhältnisse zu ändern, seien aber keine geplant, führte Amtsvorsteher Schmidt aus. Vielmehr soll mit kantonalen Projekten und Programmen die Bildung gemeinsamer, eigentumsübergreifender Forstbetriebe gefördert werden.
Zwar gebe es bereits heute Vorzeigeunternehmen. Ammann gab aber auch unumwunden zu: «Wir sind noch lange nicht dort, wo wir hinwollen.»
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