Hinschauen, bevor jemand radikal wird
Die Stadt Bern will möglichst früh erkennen, wenn sich junge Menschen radikalisieren. Eine Fachstelle berät Eltern und Lehrpersonen.

Ein 15-jähriger Schüler hat sich auffallend verändert: Er zieht sich vollkommen von seinem bisherigen Freundeskreis zurück, kleidet sich anders, hat aufgehört zu rauchen und zu trinken. «Er spricht häufig davon, dass Gewalt nötig sei, um die Welt zu verändern», erzählen Klassenkameraden. Lehrer und Schulleitung sind unschlüssig.
Sollen sie den Schüler darauf ansprechen? Oder seine Eltern? «In solchen Situationen kann unsere Fachstelle weiterhelfen», sagt Ester Meier, Leiterin des städtischen Amts für Erwachsenen- und Kindesschutz. Hier wurde vor zwei Jahren die Fachstelle Radikalisierung ins Leben gerufen. Sie berät und unterstützt Eltern, Angehörige, Freunde und Lehrpersonen.
In allen Formen
Beim Thema Radikalisierung würden viele nur an islamistische Ideologien denken, sagt Meier. «Es geht aber um Radikalisierung in allen Formen: Sekten, Rechts- und Linksextremismus, Hooliganismus oder Ausreisen in Konfliktgebiete wie Sri Lanka, Ex- Jugoslawien oder Kurdistan.»
«Es geht um Radikalisierung in allen Formen: Sekten, Rechts- und Linksextremismus oder auch Hooliganismus.»
In den vergangenen zwei Jahren wurden der Stadt 47 Verdachtsfälle von Radikalisierungen gemeldet. 20 Fälle betrafen Jugendliche unter 20 Jahren, die übrigen junge Menschen im Alter zwischen 18 und 28 Jahren. Die Mehrheit der Anfragen kam nicht von Angehörigen oder Freunden, sondern von Fachpersonen.
Mit einem neuen Leitfaden solle nun darum vor allem Lehrpersonen und Schulleitungen aufgezeigt werden, wie sie bei einem Verdacht vorgehen und an wen sie sich wenden könnten. Schliessen Jugendliche die Schulzeit ab, werden sie oft vom gewohnten Umfeld nicht mehr erfasst.
Dann sind beispielsweise Ausbildner oder Arbeitgeber gefordert. Für sie wurde ebenfalls ein Leitfaden entwickelt und am Dienstag vorgestellt.
Kritik von Reto Nause
Die Stadt Bern hat sich bei der Prävention mit anderen Städten vernetzt, etwa mit Zürich, sowie mit Städten in der Romandie. Auch der Bund hat ein Aktionsprogramm lanciert.
Allerdings setze der Bund bisher leider keine Mittel ein für die Leute auf kommunaler Ebene, die Radikalisierung am ehesten erkennen könnten, kritisierte der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP). «Wir in den Städten und Gemeinden sind am nächsten an den Menschen dran.»
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