Hat Christoph Blocher gelogen?
Bundesratssprecher André Simonazzi widerspricht den Aussagen des Alt-Bundesrates. Zudem bestätigt die Bank Sarasin die Darstellung von Philipp Hildebrand.

Christoph Blocher bleibt dabei: «Ich war in der Sache Hildebrand nur der Briefträger.» Ob der Chef der Schweizerischen Nationalbank gelogen habe, wisse er nicht. Klar ist für Blocher: «Hildebrand muss zurücktreten.»
Der Chef der Notenbank habe bei der Medienkonferenz von gestern soviel zugegeben, wie man ihm beweisen könne. Ob Hildebrand lüge, spiele gar keine Rolle, sagte der Zürcher Nationalrat und SVP-Vizepräsident Christoph Blocher heute Nachmittag an einer Medienorientierung in Rorschach SG. «Hildebrand ist ein Spekulant und nicht mehr tragbar», sagte der SVP- Vizepräsident.
«Keine Originaldokumente»
Wie er den Bundesrat genau über die Geschäfte von Hildebrand informiert habe, das sage er nicht, antwortete Blocher auf entsprechende Fragen von Journalisten. «Ich habe bei den drei Treffen mit der Kontrollbehörde weder Originaldokumente gezeigt noch solche übergeben, weil ich keine solche Dokumente hatte.»
Weiter sagte Blocher, er wisse, dass es mehrere Informanten gebe und dass es um mehrere Banken gehe. «Die Informanten kenne ich aber nicht».
Simonazzi widerspricht Blocher
Bundesratssprecher André Simonazzi widerspricht Christoph Blocher: Der SVP-Vizepräsident habe der damaligen Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey im Dezember ein Dokument gezeigt – mit Angaben zu Transaktionen von SNB-Präsident Philipp Hildebrand. Blocher hatte das Gegenteil behauptet.
Simonazzi bestätigte heute einen entsprechenden Bericht von «NZZ online». Blocher hatte gestern Abend in der Sendung «TalkTäglich» auf dem Privatsender TeleZüri gesagt: «Ich habe keinerlei Unterlagen von einer Bank oder von Bankkonti.» Der Bundespräsidentin habe er deshalb auch gesagt, er wisse nicht, ob die Vorwürfe zuträfen. «Wenn ich sie gehabt hätte, hätte ich das Gegenteil gesagt.»
«Eine Kopie von schlechter Qualität»
Auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA teilte Simonazzi am Freitag dagegen mit: «Ich bestätige, dass Herr Blocher Bundespräsidentin Calmy-Rey ein Dokument zeigte.» Das Dokument sei «eine Kopie von schlechter Qualität» gewesen. Es habe einen Bankauszug einer nicht identifizierten Bank gezeigt und auf den Namen von Philipp Hildebrand gelautet.
Bei dem Treffen mit der Bundespräsidentin waren dem Bundesratssprecher zufolge vier Personen der Bundesverwaltung anwesend, darunter ein Vertreter der Bundeskriminalpolizei, der eigens für die Überprüfung des Dokuments beigezogen wurde.
«Weiss nicht, ob es entwendete Unterlagen sind»
«Der Spezialist der Bundeskriminalpolizei stellte fest, dass die im Dokument enthaltenen Informationen plausibel seien», schreibt Simonazzi. Der Experte konnte aber die Echtheit des Dokuments nicht bestätigen. Das Dokument habe «präzise Angaben zu verschiedenen Banktransaktionen» enthalten.
TeleZüri-Chefredaktor Markus Gilli hatte Blocher gestern mehrfach damit konfrontiert, dass es sich bei den Dokumenten um gestohlene Unterlagen handelt. Blocher beharrte jedoch darauf: «Ich weiss nicht, ob es entwendete Unterlagen sind.»
Bank Sarasin könnte gegen «Weltwoche» klagen
Zudem bestätigt die Bank Sarasin die Darstellung des Notenbankpräsidenten. Die Aussagen deckten sich mit jenen des Mitarbeiters, der die Kontoauszüge Hildebrands weitergegeben hatte, schrieb das Finanzinstitut am Freitag.
Die Bank behält sich zudem weitere rechtliche Schritte vor. Insbesondere ziehe sie zivile Schadenersatzforderungen in Betracht. Ausserdem erwägt sie gemäss dem Communiqué eine Beschwerde beim Schweizer Presserat «im Zusammenhang mit der fehlerhaften, die Bank Sarasin betreffenden Berichterstattung einer Schweizer Wochenzeitung». Die «Weltwoche» hatte Hildebrand in ihrer Ausgabe von gestern vorgeworfen, selbst umfangreiche Devisengeschäfte getätigt zu haben.
Nicht unter Druck gesetzt
Sarasin hatte den Mitarbeiter, welcher die Auszüge aus Hildebrands Konto weitergegeben hatte, nach eigenen Angaben am Dienstag entlassen und gestern Strafanzeige gegen ihn eingereicht. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass weitere Mitarbeiter das Bankgeheimnis verletzt hätten, schrieb die Bank.
Weiter betonte das Institut, dass der betreffende Mitarbeiter keinen Kontakt zu Philipp Hildebrand gehabt habe. Der persönliche Kundenberater des Nationalbankpräsidenten sei von diesem «zu keiner Zeit unter Druck gesetzt» worden.
SDA/kle
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch