Häusliche Gewalt im Kanton BernGrosser Rat sieht Beratungsbedarf – auch für Täterinnen und Täter
Der Regierungsrat muss prüfen, ob eine Finanzierung nicht staatlicher Beratungsstellen für häusliche Gewalt sinnvoll wäre.

Der Regierungsrat muss prüfen, ob staatlich unabhängige Gewaltberatungsstellen vom Kanton Geld erhalten sollen. Der Grosse Rat hat am Mittwoch einen Vorstoss aus den Reihen der EVP in der abgeschwächten Form eines Postulats überwiesen.
Die Regierung hatte sich gegen eine solche Finanzierung von nichtstaatlichen Beratungsstellen gewandt. Würde man sie finanzieren, wären sie ja nicht mehr unabhängig, betonte Sicherheitsdirektor Philippe Müller im Parlament.
Häusliche Gewalt sei ein gesellschaftliches Problem von hoher Dringlichkeit, hatte die frühere Grossrätin Christine Grogg (EVP) in ihrem Vorstoss betont. Das zeigten auch die konstant hohen Fallzahlen. Gerade für Täterinnen und Tätern aus dem sogenannten Dunkelfeld gäbe es grossen Beratungsbedarf.
Wird ein Fall von häuslicher Gewalt der Justiz bekannt, gilt er als Tat im Hellfeld. Das sind etwa 20 Prozent der Fälle. Der weitaus grösste Teil solcher Taten wird aber nie polizeilich bekannt, bleibt also im Dunkelfeld.
Täterinnen und Täter im Dunkelfeld würden sich oft nur ungern an eine staatliche Beratungsstelle wenden, vermutete die Vorstösserin. Der Regierungsrat pflichtete ihr insofern bei, dass die Beratung von gewaltausübenden Personen im Sinne des Opferschutzes essenziell seien. Eine frühzeitige Intervention helfe, das Risiko von Wiederholungstaten zu senken und könne dazu beitragen, schwere Gewalttaten zu verhindern.
Früher erbrachte die «Fachstelle Gewalt Bern» entsprechende Leistungen im Auftrag des Kantons. Sie entschied sich jedoch 2018, neue Wege zu gehen. Der Leistungsvertrag wurde aufgehoben und der Kanton baute sein eigenes Angebot entsprechend aus.
Davon möchte der Regierungsrat nicht abweichen, wie er in seiner Antwort auf dem Vorstoss zu bedenken gab. Das Angebot stehe allen offen und habe sich bewährt. Ausserdem garantierten datenschutzrechtliche und organisatorische Massnahmen die nötige Anonymität.
Der Rat folgte der Regierung in diesem Fall nicht. Er überwies das Postulat mit 84 zu 62 Stimmen bei einer Enthaltung. Damit muss die Regierung immerhin eine Finanzierung prüfen.
SDA/ske
Fehler gefunden?Jetzt melden.