Grosse Pläne für ein kleines Dorf
Der Signauer Gemeinderat will nicht länger zuschauen, wie die Bevölkerungszahl abnimmt. Mit einem Vorschlag zur Dorfkernentwicklug bäumt er sich gegen die Abwanderung auf.

Jeder Ort, der etwas auf sich hält, hat seinen Entwicklungsschwerpunkt. Unter dem Kürzel ESP definieren Politiker und Planungsfachleute, wie aus einem bestimmten Gebiet das Optimum herausgeholt werden kann. Ziel ist es jeweils, Arbeitsplätze, Wohnraum, sichere Verkehrsflüsse und gleichzeitig auch ein ansprechendes Ortsbild zu schaffen.
Jetzt hat auch die Gemeinde Signau einen ESP. Unter der Leitung von Gemeindepräsident Martin Wyss hat eine Arbeitsgruppe Ideen zu Papier gebracht, die das Gebiet zwischen Bahnhof Signau, Bärenplatz und dem Gasthof zum Roten Thurm massiv verändern würden – so sie denn jemals realisiert werden sollten.
Ob das gelingen wird, ist fraglich, da eine ganze Reihe verschiedener Akteure am gleichen Strick ziehen müsste.
Wohnblocks, neue Fusswege
Die vom Gemeinderat erarbeitete Vision sieht vor, dass im Bereich der Landi und der Thurm-Scheune dereinst verdichtet gebaut werden und Wohnblocks entstehen könnten.
Wo heute gegenüber dem Bahnhof noch die Post untergebracht ist, könnten ebenfalls Wohnungen realisiert werden. Entlang der Bahngleise sind für den Gemeinderat niedrige Neubauten für Gewerbe- und Dienstleistungen denkbar. Die Bahnhofstrasse würde umgestaltet.
«Wir wollen jetzt einfach wissen, was die Leute denken, wie es mit Signau weitergehen soll.»
Es würde ein neues Verkehrskonzept eingeführt, das nicht nur das erlaubte Tempo um den Bahnhof, sondern auch auf der Dorfstrasse zwischen Bären und Thurm limitieren würde. «Heute wäre die Zeit reif für Tempo 30», sagt Martin Wyss überzeugt. Vor etwa zehn Jahren hatte eine entsprechende SP-Initiative noch keine Chance.
Ob die privaten Liegenschaftsbesitzer aber applaudieren werden, wenn sie in ihren Vorgärten eine öffentliche Fusswegverbindung möglich machen sollen, um die geschützte Häusergruppe «erlebbar» zu machen, steht auf einem anderen Blatt.
Auch die Idee, «zugunsten der Silhouette des alten Dorfkerns» gewisse Gebäude und Anbauten abreissen zu lassen, dürfte hier und dort auf Widerstand stossen.
Wachrütteln
Martin Wyss weiss, dass die Vorschläge, die der Gemeinderat letzthin in der Signauer Gewerbepresse publizierte, zu reden geben. Genau das war sein Ziel: «Wir wollen jetzt einfach einmal wissen, was die Leute denken, wie es mit Signau weitergehen soll», sagt er.
Der Gemeindepräsident mag nicht zuschauen, wie die Einwohnerzahlen stetig sinken, ohne wenigstens den Versuch einer Gegenmassnahme unternommen zu haben. Obwohl in den vergangenen fünf Jahren jährlich durchschnittlich neun Wohneinheiten gebaut worden seien, «reichte das nicht, um die Bevölkerung stabil zu halten», stellt er fest.
Die Zahl sank um 51 Personen auf 2672 Ende letzten Jahres. Wyss denkt, dass es attraktiv sein könnte, direkt neben dem S-Bahnhof Signau zu wohnen, von wo aus die Stadt Bern in einer halben Stunde erreichbar ist.
Gäbig auf den Zug
Noch dieses Jahr will der Gemeinderat entlang der Bahngleise eine Park-and-Ride-Anlage schaffen. Zusätzliche Parkplätze in Bahnhofnähe seien unabdingbar. «Das Wohnen auf den Hügeln rundum ist attraktiv, leerer Wohnraum ist gesucht», weiss Wyss. «Die Leute, die dort hinziehen und auswärts arbeiten, müssen rasch und gäbig auf den Zug können.»
Auch was das Postgebäude betrifft, wurde der Gemeinderat bereits aktiv. Seit letzter Woche verfügt er über das Kaufrecht der Liegenschaft. Das hat er mit der Post ausgehandelt, weil sich abzeichnet, dass die Poststelle dereinst geschlossen wird. Doch ob auf der Parzelle je ein mehrstöckiges Wohn- und Geschäftshaus stehen wird, wie es die Vision vorsieht, steht in den Sternen.
Denn die Liegenschaftsbesitzer, die seinerzeit für den Bau des Postgebäudes Land verkauften, haben laut Gemeindeschreiber Rudolf Wolf privatrechtlich dafür gesorgt, dass auf der Parzelle nie höher gebaut werden darf. «Der Gemeinderat wird in den nächsten Wochen mit ihnen Verhandlungen aufnehmen», sagt er.
«Eine Art Landsgemeinde»
Schon viele Gespräche seien im Zusammenhang mit den Vorstellungen, wie sich das Dorf entwickeln könnte, geführt worden. Im Sommer plant Martin Wyss, «eine Art Landsgemeinde» durchzuführen, um zu erfahren, wie das Gros der Signauer über die Vorschläge denkt. «Die Bevölkerung wird dereinst entscheiden müssen, was sie will», so Wyss.
Es gehe darum, dem Gemeinderat einen Rahmen abzustecken und aufzuzeigen, wohin die Reise mit Signau gehen solle. «Das ist ein Generationenprojekt.» Die Realisierung wird nicht mehr in seiner Verantwortung liegen. Ende Jahr zieht er sich aus der aktiven Politik zurück.
Aber Wyss und seine Kollegen wollten den Signauern mit den Vorschlägen einen Impuls geben, um der Abwanderung und dem Ladensterben entgegenzuwirken. Er sagt: «Wenn man nichts macht, geht es nur immer weiter abwärts.»
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