Greenpeace wirft Japan und Tepco Versagen vor
Die Umweltschützer von Greenpeace haben Strahlungswerte aus der Katastrophenregion um das AKW Fukushima publiziert. Sie kritisieren das Krisenmanagement scharf – und warnen vor schwer wiegenden Langzeitfolgen.
Die Gegend ist nach Messungen der Umweltorganisation Greenpeace stark radioaktiv belastet. Die Umweltschützer werfen der Regierung vor, die Menschen nicht ausreichend zu schützen: Zwar veröffentlichten die Behörden die Strahlen-Messwerte, aber den Menschen werde weder erklärt, was diese bedeuten, noch wie sie sich gegen die Radioaktivität schützen könnten, sagte Thomas Breuer, Leiter des Atom- und Energiebereichs bei Greenpeace Deutschland, am Montag in Hamburg nach seiner Rückkehr aus Japan. Im Gegenteil: Es werde wie 1986 auch in Tschernobyl die Tragweite des Atom-Unfalls heruntergespielt. So gehe das Leben in Städten wie Fukushima oder Koriyama normal weiter.
«Das sowjetische Regime hat schneller gehandelt»
«Wir hatten erwartet, dass beispielsweise Spielplätze und Kindergärten abgesperrt werden», sagte Breuer. Stattdessen sei im sandigen Boden eines öffentlichen Spielplatzes der höchste Wert überhaupt gemessen worden. Die Strahlenbelastung sei auch weit ausserhalb der 20-Kilometer- Sperrzone teils bedenklich. Zumindest die am stärksten verseuchten Orte müssten evakuiert werden. «Das sowjetische Regime hat nach Tschernobyl in Evakuierungsfragen schneller gehandelt als die japanische Regierung», rügte Breuer.
Japans Regierung erwägt zwar, die Evakuierungszone partiell auszuweiten. Bislang wurden die Menschen in der Zone zwischen 20 und 30 Kilometern aber nur aufgerufen, diese freiwillig zu verlassen. In der Stadt Fukushima, 60 Kilometer vom AKW entfernt, habe Greenpeace im Schnitt Strahlenwerte gemessen, die bedeuteten, dass ein Mensch in 14 Tagen die zulässige Jahresdosis abbekomme. In den am stärksten verstrahlten Orten wie dem Dorf Itate werde die Jahresdosis gar in rund zwei Tagen erreicht.
Verstrahlung bei Gemüse nachgemessen
Greenpeace untersuchte nach eigenen Angaben auch Gemüse- und Bodenproben. In Feldgemüse seien Werte von 8000 bis 150'000 Becquerel pro Kilogramm festgestellt worden – der Grenzwert etwa für Jod-131 liege bei 2000 Becquerel pro Kilogramm. Welche Stoffe im Gemüse waren, sei mit der mitgenommenen Technik nicht zu messen gewesen.
Experten der Umweltschützer fanden schon mehrfach kontaminierte Lebensmittel, auch in Supermärkten. Es brauche ein flächendeckendes Kontrollsystem für Nahrungsmittel, sagte Breuer. Anders als rund um Tschernobyl werde die Strahlung von Fahrzeugen nicht gemessen, obwohl mitten durch das Gebiet eine stark befahrene Fernroute führe. Die Bauern wiederum erhielten weder Informationen, was sie mit ihren Feldfrüchten machen noch wie sie mit dem kontaminierten Land umgehen sollten.
Im AKW Fukushima 1 waren nach der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe vom 11. März mehrere Reaktoren ausser Kontrolle geraten. Es kam zu Explosionen und Bränden; es trat massiv Radioaktivität aus. Inzwischen stufen die Behörden das Unglück auf der höchsten Stufe der Ines-Störfallskala ein - gleichauf mit Tschernobyl.
Weltweit höhere Strahlung zu erwarten?
Laut dem AKW-Betreiber Tepco wird es noch etwa neun Monate dauern, bis die Lage sich stabilisiert. Greenpeace-Experte Christoph von Lieven sagte dazu, dieser Plan beruhe auf unbekannten Grundlagen. «Was Tepco hier sagt, ist einfach unseriös», sagte er, «wir sind uns nicht sicher, ob wir damit nicht noch Jahre zu tun haben. Und das ist ein weltweites Problem. Wir werden weltweit eine erhöhte Strahlenbelastung haben.»
SDA/raa
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