Glencore und die Asthma-Toten in Sambia
Die «Rundschau» liess die Schwefeldioxid-Belastungen rund um eine Kupferhütte von Glencore-Xstrata in Sambia erheben. Die Werte sind so hoch, dass die Experten zunächst an einen Messfehler glaubten.

Glencore-Xstrata betreibt im sambischen Mufulira die Mopani Kupferminen mit der grössten Kupferhütte von ganz Afrika. Die Anlage stösst grosse Mengen von Schwefeldioxid (SO2) aus: Während die gesamte Schweiz nach Angaben des Bundesamtes für Umwelt Bafu jährlich rund 12'000 Tonnen SO2 emittiert, sind es allein bei der Kupferhütte Mopani rund 100'000 Tonnen pro Jahr.
Die Schadstoffwerte in der Umgebung der Fabrik werden von Glencore-Xstrata im Selbstmonitoring erhoben und den sambischen Behörden zur Verfügung gestellt. Die Werte sind bislang nicht öffentlich zugänglich.
Die SRF-Sendung «Rundschau» hat diesen Februar in den Wohnquartieren rund um die Kupferhütte Messgeräte angebracht und diese zehn Tage lang der Umgebungsluft ausgesetzt. Die zehn Messpunkte lagen zwischen 500 Metern und fünf Kilometern vom Schmelzofen der Kupferhütte entfernt.
«Noch nie so hohe Resultate gemessen»
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat für Schwefeldioxid SO2 einen Richtwert von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft festgesetzt. Nur eine von zehn Proben der «Rundschau» lag unter diesem Richtwert. Sechs Proben ergaben Werte zwischen 250 und 780 Mikrogramm im Zehn-Tages-Durchschnitt. Zum Vergleich: In der Schweiz liegt die SO2-Belastung seit Jahren unter 10 ug/m3 im Jahresmittel. In der Luftreinhalteverordnung ist der Grenzwert auf 30 ug/m3 festgesetzt, wobei der Wert von 100 ug/m3 höchstens an einem Tag pro Jahr überschritten werden darf.
Die Analyse der Proben aus Sambia wurden bei der Firma Passam in Männedorf durchgeführt, einem zertifizierten Testlabor, das auf Schadstoffmessungen spezialisiert ist. Firmenleiter Markus Hangartner: «So hohe Resultate hatten wir noch nie gemessen. Wir dachten zuerst, wir hätten einen Fehler gemacht. Eine Überprüfung ergab aber, dass die Werte tatsächlich so hoch sind.»
Glencore-Xstrata stellen die von der «Rundschau» erhobenen Werte nicht in Frage. Man habe bei eigenen Messungen ähnliche Konzentrationen festgestellt, erklärte Michael Fahrbach, bei Glencore Global Head Sustainability, gegenüber der «Rundschau».
Erhöhte Todesrate
Für die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen der Schwefeldioxid-Belastung hat die «Rundschau» Professor Nino Künzli vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut in Basel angefragt. Künzli ist Präsident der Eidgenössischen Kommission für Lufthygiene. «Solche Konzentrationen müssen in der lokalen Bevölkerung Auswirkungen gesundheitlicher Art haben. Da muss es vermehrt Menschen geben, die Asthma-Anfälle erleiden, die Atemwegsbeschwerden haben oder chronische Atemwegserkrankungen entwickeln. An Tagen, an denen die Belastungen derart hoch sind, liegt auch die Sterberate höher», sagte Künzli in der «Rundschau». Aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen stehe das ausser Zweifel: «Das sind extrem hohe Belastungen und es ist klar, dass die Menschen dort darunter leiden», so Künzli gegenüber der «Rundschau».
Glencore hat das Werk in Sambia im Jahr 2000 von der sambischen Regierung gekauft. Im Geschäftsbericht von 2012 schrieb Glencore, die neue Rauchgasreinigungsanlage, die 97 Prozent der Schwefeldioxid-Emissionen eliminiere, würde im Dezember 2013 fertiggestellt. Aber der Bau der Anlage hat sich verzögert.
Glencore-Xstrata arbeiten daran, sie noch im ersten Quartal 2014 in Betrieb zu nehmen Die Firma verweist auf ihre Vereinbarungen mit der sambischen Regierung, welche ihr noch bis 2015 Zeit geben würde, eine Umwelt-Sanierung durchzuführen. Zudem, so ein Glencore-Sprecher, habe die Regierung verlangt, dass der Betrieb während den Arbeiten an der Filteranlage nicht stillgelegt werde, um Entlassungen zu verhindern.
Kontroverse in Sambia
In der vergangenen Neujahrsnacht starb in Mufulira die prominente Politikerin Beatrice Mithi an den Folgen eines Asthma-Anfalls, den sie nach dem Einatmen von Schwefeldioxid-Abgasen erlitt. Ihre Familie und die sambischen Medien machen die Glencore-Fabrik für den Tod verantwortlich. Beatrice Mithi war die Distrikts-Komissärin von Mufulira. Ihre Familie hat eine Obduktion der Leiche veranlasst und erwägt eine Klage gegen die Betreiber der Kupferhütte.
In der Nachbarschaft der Fabrik gibt es zahlreiche Fälle, die ähnlich gelagert sind wie derjenige Mithis. Die «Rundschau» berichtete über weitere Todesfälle von Asthmatikern, die von Angehörigen und Medizinern mit den Auswirkungen der SO2-Abgase in Zusammenhang gebracht werden.
Glencore-Xstrata fordert in diesen Fällen das Vorlegen von medizinischen Beweisen. Gemäss Emmanuel Mutati, dem Verwaltungsratspräsident der Mopani Kupferhütte, gebe es «keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass SO2 Todesfälle verursacht». Zu Forderungen nach Kompensationszahlungen sagt Mutati gegenüber der «Rundschau»: «Ausserhalb unseres Lizenzgebietes liegt die Verantwortung für die Auswirkungen unseres Betriebs bei der Regierung. Wenn es Probleme ausserhalb unseres Gebietes gibt, müssen die bei der Regierung angemeldet werden.»
Glencore-Xstrata besitzt drei Viertel der Anteile an den «Mopani Copper Mines» und betreiben die Anlagen der Firma. Glencore-Xstrata beschäftigt bei Mopani über 16'000 Angestellte. Der Schweizer Konzern hat in den letzten Jahren in die Kupfergewinnung im sambischen Kupfergürtel investiert und plant nach Firmenangaben noch weitere 30 Jahre Kupfer in Sambia zu produzieren. Die Mopani Copper Mines machen jährlich rund eine Milliarde Dollar Umsatz. Der Gewinn betrug im letzten Berichtsjahr 182 Millionen Dollar.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch