
Ein pensioniertes Ehepaar. Ernst kommt nach Hause.
Ernst: Hallo.
Margrit: Hoi Ernst.
Ernst: Hab ich einen Hunger…
Margrit: Ich auch.
Ernst: Was gibts?
Margrit: Das wollte ich dich fragen?
Ernst: Wie?
Margrit: Heute kochst doch du.
Ernst: Ich?
Margrit: Warst du nicht einkaufen?
Ernst: Ich?
Margrit: Und wenn du nach dem Essen die Wäsche machen könntest? Achtung, die Pullover mit dem Wollprogramm. Und falls du Hemden brauchst, gern bügeln.
Ernst: Aber… Aber Margrit, was ist denn passiert?
Margrit: Wie, was ist passiert?
Ernst: Ich... Wieso soll plötzlich ich das alles machen?
Margrit: Das war doch deine Idee. Du hast doch gesagt, du willst, dass wir endlich gleichgestellt sind.
Ernst: Ich?
Margrit: Ja, das war doch dein Hauptargument bei der AHV-Abstimmung, Frau und Mann müssen jetzt endlich auf Augenhöhe sein, es müsse jetzt Gleichstellung herrschen, auch da, wo es wehtut.
Ernst: Aber…
Margrit: Ich war ganz verwundert. Du stimmst ja immer bürgerlich ab, und plötzlich bist du für Gleichstellung. Aber ich freue mich natürlich riesig.
Ernst: Margrit, das war ein Missverständnis…
Margrit: Nein, nein, Ernst, kein Missverständnis. Ich habe mehrfach nachgefragt, immer hast du bestätigt, ja, du findest, es brauche jetzt gleich lange Spiesse für Mann und Frau, für alles!
Ernst: Ja, ja, aber…
Margrit: Und so habe ich mir gedacht, du hast recht. Gleiches Rentenalter! Aber auch gleicher Lohn für gleiche Arbeit zum Beispiel…
Ernst: Margrit…
Margrit: … gleiche Krankenkassenprämien für Mann und Frau…
Ernst: Margrit…
Margrit: … gleiche politische Partizipation, also vermutlich Frauenquote…
Ernst: Nein, Schatz…
Margrit: … gleiche Behandlung von frischgebackenen Müttern und Vätern, daher Elternzeit!
Ernst: Nein, nein…
Margrit: Abschaffung der Heiratsstrafe, Individualbesteuerung…
Ernst: Margrit…
Margrit: … bei der Rente Gleichstellung von Care-Arbeit und Lohnarbeit, siehe zweite Säule…
Ernst: Margrit…
Margrit: … natürlich gleiche Beteiligung an Haushalts- und Familienarbeit. Apropos, morgen bringt Anna die Enkel vorbei, könntest du den Vormittag übernehmen, und ich übernehme den Nachmittag? Das mit dem Windelnwechseln geht ganz einfach…
Ernst: Jetzt reicht es, Margrit!
Margrit: Was reicht? Ich hab noch eine ganze Liste.
Ernst: Du kannst nicht unser Leben von heut auf morgen auf den Kopf stellen!
Margrit: Aber… Ich dachte, du meinst das ernst mit den gleich langen Spiessen.
Ernst: Ja, bei der AHV schon.
Margrit: Und sonst nicht oder was?
Ernst: Ich… ich weiss gar nicht, warum du so ein Tamtam machst, wir beide sind längst pensioniert. Das geht uns doch alles gar nichts mehr an.
Margrit: Doch, mich geht das täglich etwas an. Ich mache täglich hier Haushaltsarbeit.
Ernst: Aber.…
Margrit: Nichts aber. Du hast dieses Argument so überzeugend vertreten, jetzt musst du die Konsequenzen ziehen, auch da, wo es wehtut, das waren deine Worte.
Ernst: Ich kann aber nicht kochen… Ich kann nur Spiegeleier oder Spaghetti.
Margrit: Schön, ich setz mich ins Wohnzimmer, ich will noch Zeitung lesen und freue mich dann auf Spaghetti mit Spiegeleiern.
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Kolumne von Laura de Weck – Gleichstellung nur beim AHV-Alter, sonst lieber nicht!
Frau und Mann müssten jetzt endlich auf Augenhöhe sein – das war das Hauptargument des Befürworters des Frauenrentenalters 65. Jetzt muss er die Konsequenzen ziehen.