Gisel hat den Rückhalt in den Regionen verloren
Der Raiffeisen-Chef beugt sich dem Druck der Basis. Sein Rücktritt sei für einen Neuanfang nötig, sagen die Regionalverbände.

Noch vor wenigen Wochen wollte Patrik Gisel nichts von einem Rücktritt wissen. Nun wurde der Druck auf den Chef der Raiffeisen zu gross. Auch aus der Basis der Genossenschaftsbank: «Die kritischen Stimmen gegen Gisel haben sich in den letzten Wochen gemehrt», sagt der Präsident eines Regionalverbandes von Raiffeisen. Auch bei Regionalfürsten, die Gisels operative Arbeit der vergangenen Jahre an der Spitze der Bank positiv beurteilten, habe ein Umdenken stattgefunden.
Dies, weil die Bank nicht aus den negativen Schlagzeilen gekommen ist. «Seine langjährige Tätigkeit als Stellvertreter von Pierin Vincenz wird immer Fragen aufwerfen», so der Regionalpräsident. Diesem Sachzwang müsse man sich beugen. In den letzten Wochen berichteten sogar internationale Medien, wie die «Financial Times» und die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» kritisch über die Bank. Die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Gisels Vorgänger und langjährigen Vorgesetzten Pierin Vincenz wegen möglicher ungetreuer Geschäftsbesorgung.
«Für die Reputation der Bank ist der Schritt wichtig»
Kurt Sidler, Sprecher der Raiffeisen-Verbände und Präsident von Raiffeisen Luzern, zeigt sich vom Rücktritt Gisels überrascht. Doch er begrüsst ihn. «Ich habe Respekt vor dem Entscheid von Patrik Gisel. Für die Reputation der Bank ist der Schritt wichtig. Es ermöglicht einen Neustart der Bank.» Der Druck auf Patrik Gisel von Seiten der Medien, aber auch innerhalb der Bank sei seit der Delegiertenversammlung in Lugano von Mitte Juni immer grösser geworden, sagt Sidler.
Video: «Das ist ein Signal für den Neuanfang»
Dazu beigetragen haben auch die Ergebnisse einer Untersuchung der Finanzmarktaufsicht Finma. Sie gab am 14. Juni bekannt, dass es bei Raiffeisen zu schwerwiegenden Mängeln in der Unternehmensführung gekommen war. Der ausführliche Bericht der Behörde habe Gisels Position geschwächt, wie mehrere Raiffeisen-Vertreter sagen. Darin wurden die genauen Umstände bekannt, wie die Geschäftsleitung bei der Kreditvergabe in zwei Fällen ihre Kompetenzen überschritten habe. Es kam zu einem Klumpenrisiko, für das nicht genügend Rückstellungen gebildet wurden. Gisel war zu besagter Zeit stellvertretender Chef der Bank. «Mir war nach der Durchsicht des Berichts klar, dass ein Rücktritt von Gisel unausweichlich wird», sagt ein Vertreter der Bank. Den ausführlichen Bericht der Aufsichtsbehörde wollte Übergangspräsident Pascal Gantenbein zuerst unter Verschluss halten. Erst auf Druck der Basis wurde den Regionalvertretern Einblick gewährt.
Nach der Delegiertenversammlung stärkte Pascal Gantenbein dem amtierenden CEO Gisel den Rücken. «Aus dem Finma-Bericht gibt es keinerlei Handlungsbedarf bezüglich Geschäftsleitung», betonte er. Auch in der Medienmitteilung zum Rücktritt des Unternehmensleiters heisst es im Namen des Verwaltungsrats, die Integrität Gisels stehe «ausser Zweifel». Dies, obwohl eine interne Untersuchung der Bank unter der Leitung des ehemaligen Swiss-Life-Präsidenten Bruno Gehrig noch nicht abgeschlossen ist.
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Gantenbein, der im November als Raiffeisen-Präsident gewählt werden will, kommt der Rücktritt von Gisel gelegen, wie es aus der Bank heisst. «Eine Wahl von Gantenbein hätte geringe Chancen gehabt, wenn er an Gisel festgehalten hätte», sagt der Präsident einer regionalen Raiffeisenbank. Gantenbein steht im Wettbewerb mit anderen Interessenten für den Posten. Die Bank sucht auch nach einem externen Kandidaten für das Amt als Verwaltungsratspräsident. Es gebe bereits eine Shortlist mit drei externen Kandidaten, sagen mit der Suche Vertraute.
Wenn es nach den Regionalvertretern von Raiffeisen geht, wird es nach der Neubesetzung des Verwaltungsrats im November zu weiteren Abgängen in der Geschäftsleitung kommen. Laut Regionalverbandssprecher Kurt Sidler muss die Zusammensetzung der operativen Führung genau analysiert werden. «Ich erwarte, dass es in der Geschäftsleitung zu weiteren Veränderungen kommen wird. Dies aber erst, wenn der neue Verwaltungsrat und der neue CEO gewählt sind.» Was die Besetzung des Chefpostens angeht, ist Sidler gegen eine interne Lösung. «Der neue CEO muss von aussen kommen. Nur das ermöglicht einen glaubwürdigen Neustart.»
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