Ghadhafi wirft der Nato Gier nach Öl vor
Der einstige Machthaber Libyens hat seine Anhänger zum «Kampf gegen die Besatzung» aufgefordert. Gleichzeitig herrscht unter den Rebellen Verwirrung bezüglich des Sirte-Ultimatums.

Der abgetauchte libysche Machthaber Muammar al-Ghadhafi gibt sich kämpferisch. In einer Tonbotschaft, die dem Nachrichtensender al-Arabiya vorlag, sagte er, die Stämme in den Städten Sirte und Bani Walid östlich von Tripolis würden erbitterten Widerstand leisten. Sie seien schwer bewaffnet. «Wir werden nicht aufgeben. Wir sind keine Frauen, wir werden weiter kämpfen», habe Ghadhafi gesagt, hiess es in dem Bericht.
In einer zweiten Audiobotschaft verschärfte Ghadhafi dann den Ton gegenüber der Nato: Er warf der Allianz vor, Libyen besetzen und sein Öl stehlen zu wollen. Die zweite Ansprache Ghadhafis an diesem Tag wurde wie die erste von einem syrischen Fernsehsender ausgestrahlt. Noch einmal rief Ghadhafi seine Anhänger zu einem langen Kampf auf. «Wir werden sie überall bekämpfen», sagte er. «Macht euch zum Kampf gegen die Besatzung bereit. Die Besatzung wird nicht in der Lage sein, einen langen Krieg zu führen.»
Mahmudi zu den Rebellen übergelaufen
Unterdessen schloss sich sein Ministerpräsident Al-Baghdadi al-Mahmudi öffentlich den Rebellen an. Diese meldeten die Festnahme von Ghadhafis Aussenminister, ohne dessen Namen und andere Details bekanntzugeben.
Die Rebellen, die bis auf Sirte und Sebha alle grossen Städte des Landes unter ihre Kontrolle gebracht haben, vermuten, dass sich al-Ghadhafi und sein Sohn Saif al-Islam in Bani Walid aufhalten. Wie der «Spiegel» berichtet, habe eine vertrauenswürdige Person die Information dem Übergangsrat mitgeteilt. Bani Walid liegt rund 150 Kilometer südöstlich von Tripolis.
Verwirrung über Ultimatum
Die angebliche Verlängerung des Ultimatums der libyschen Rebellen an die Anhänger des langjährigen Machthabers Ghadhafi hat für Verwirrung gesorgt. Der Nationale Übergangsrat in Tripolis dementierte eine zuvor aus der Rebellenhochburg Benghazi verkündete einwöchige Verlängerung der Frist. Er wisse nichts von einer solchen Verlängerung, sagte der Militärbeauftragte des Übergangsrats, Omar al-Hariri, der Nachrichtenagentur AFP in Tripolis. Auch aus dem Umfeld anderer Mitglieder des Gremiums hiess es, von einem Aufschub sei nichts bekannt.
Zuvor hatte ein Rebellensprecher in Benghazi gesagt, statt bis Samstag hätten die Gaddafi-Leute in den von ihnen gehaltenen Städten wie Sirte bis zum 10. September Zeit, sich zu ergeben. Im Fall der Küstenstadt Sirte, wo al-Ghadhafi geboren wurde, gebe es keinen Grund für «übereiltes Handeln». Dazu sei Sirte «kein ausreichend strategisches Ziel». Die Stadt gilt als möglicher Zufluchtsort Gaddafis, von dem seit Tagen jede Spur fehlt.
Der Chef des Nationalen Übergangsrats der Rebellen, Mustafa Abdel Jhalil, hatte das Ultimatum am Dienstag in Benghazi verkündet. Bis zum Samstag müssten die Ghadhafi-Anhänger sich ergeben, sonst könnten die Truppen der Aufständischen angreifen, hatte er gesagt.
Rebellen in der Zwickmühle
Die Aufständischen stecken in einer Zwickmühle. Einerseits hoffen sie darauf, dass nach einem Fall von Sirte auch die letzten Anhänger Ghadhafis aufgeben. Andererseits wollen sie unbedingt ein Blutvergiessen und eine Zerstörung der Stadt vermeiden, um den späteren Versöhnungsprozess im Land nicht noch komplizierter zu machen.
Die Rebellen wollten sich auch nicht mit dem grössten Stamm in Libyen, den Warfalla, anlegen, berichtete ein BBC-Korrespondent. Sie hätten Sorge, dass sich der Bürgerkrieg dann noch weiter hinausziehen könnte. Europa gibt Gelder frei
Die EU gibt angesichts der veränderten Lage in Libyen eingefrorene Gelder einer ganzen Reihe von Unternehmen frei. Davon betroffen sind nach EU-Angaben die libyschen Häfen sowie eine ganze Reihe von Unternehmen aus dem Energie- und Finanzsektor – insgesamt sind es 28 sogenannte Entitäten. «Unser Ziel ist es, Libyen und der Übergangsregierung Mittel zur Verfügung zu stellen und dabei zu helfen, die Wirtschaft wieder funktionsfähig zu machen», erläuterte EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton in Brüssel.
Dies sei ein klares Signal, dass die EU entschlossen sei, «ihr Möglichstes zu tun, um das libysche Volk und die Übergangsbehörden in der Transitionszeit zu unterstützen», betonte sie. Die Entscheidung sollte am Freitag wirksam werden.
Rufe nach einer Aufhebung von Sanktionen waren bereits vor einer Weile laut geworden und von der EU prinzipiell unterstützt worden. Auch Bundesaussenminister Guido Westerwelle hatte wiederholt für eine Freigabe eingefrorener Gelder plädiert.
Geld soll nicht in falsche Hände gelangen
Es müsse sichergestellt werden, dass die Gehälter im öffentlichen Dienst bezahlt werden, Geschäfte ausreichend Waren haben und die Wirtschaft wieder angekurbelt werden könne, hiess es bereits vor einigen Tagen in Brüssel. Allerdings hatten sich die Verhandlungen über das Prozedere hingezogen. Es müsse sichergestellt werden, dass das Geld nicht in falsche Hände gelange, hiess es. Allein in Deutschland sind sieben Milliarden Euro geparkt.
Die nun von der Sanktionsliste genommenen Einheiten machen allerdings nur einen Teil der Unternehmen und Personen aus, für die Restriktionen gelten. Der Weltsicherheitsrat hatte im Februar und März unter anderem das Einfrieren der Guthaben von al-Ghadhafi und einigen seiner Angehörigen verordnet, des Vermögens des Verteidigungsministers und des Geheimdienstchefs sowie von Finanzinstitutionen und der Libyschen Nationalen Ölgesellschaft. Zusätzlich dazu sperrte die EU europäische Konten von 48 Unternehmen und fast 30 Personen.
SDA/kpn
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch