Gewerkschaft zieht die Mopac vor den Richter
und mal weniger Lohn zahlt. Sie erhebt Klage gegen die Verpackungsfirma.
Wer mit den neuen, tieferen Löhnen nicht zurechtkomme, müsse halt bei den Sozialdiensten vorsprechen. Nur ungern erinnert sich Franziska Hulliger an die Worte zurück, die sie am 11.Februar aus dem Mund von Rainer Füchslin gehört hat. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen war die langjährige Mitarbeiterin der Mopac modern packaging AG zu einer Sitzung gerufen worden, an der sie vom obersten Chef der in Wasen ansässigen Verpackungsfirma vernahm: Was sie und die anderen rund 260 Mopac-Angestellten in Zukunft verdienen werden, hängt vom Eurokurs ab. Und weil der im Augenblick im Keller ist, gehen die Einkommen auf einen Schlag um 10 Prozent zurück. Mit einem Exportanteil von 55 Prozent sei das Unternehmen so stark von Europa abhängig, dass es gar keinen anderen Weg gebe, begründete Füchslin den ungewöhnlichen Schritt. Die Mopac könne es sich nicht länger leisten, unverändert hohe Löhne in Franken zu zahlen, derweil der schwächelnde Euro die Einnahmen schrumpfen lasse. «Inakzeptabel» Nun reagierte Franziska Hulliger umso sensibler, als derartige Änderungskündigungen in der Mopac keine Premiere sind. «Wir mussten schon einmal eine sogar noch grössere Lohnkürzung hinnehmen», berichtete sie gestern. Knapp sieben Jahre sei es her, und das führe nun dazu, dass ein Mann sich und seine kranke Frau mit 2500 Franken im Monat durchbringen müsse. Wie das gehen solle angesichts hoher Mieten und immer höherer Krankenkassenbeiträge? «Das Leben wird auch sonst immer teurer» – kein Wunder, sei das Arbeitsklima sehr schlecht geworden. Alle seien angespannt und gereizt, wüssten nicht mehr, wie es weitergehe. Und mit einem Blick zurück auf das, was sie am 11.Februar gehört hat: «Wer geht schon gern aufs Sozialamt? Wir wollen uns doch nicht vorschreiben lassen, ob wir noch eine Cervelat essen dürfen oder nicht.» Franziska Hulliger stand gestern nicht allein da. Unter dem Titel «Unternehmen müssen ihr Unternehmensrisiko selber tragen – Nein zu Lohnkürzungen bei der Mopac» hatte die Gewerkschaft Unia zur Pressekonferenz geladen, um klarzumachen, dass es in ihren Augen so nicht geht. Sie tat dies in der Stadt Bern, denn, das machten ihre Vertreter Corrado Pardini und Nadaw Penner gleich klar: Gegen Löhne anzukämpfen, die je nach dem aktuellen Wechselkurs mal tiefer, mal höher ausfallen, ist für sie nicht ein regionales, sondern ein nationales Thema. Weil sie, so Corrado Pardini, «inakzeptabel und unrechtmässig sind». Wenn die Mopac die Löhne alle drei Monate nach dem Eurokurs neu festlege, könnten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr verlässlich budgetieren. Gleichzeitig versuche die Firma so, das unternehmerische Risiko auf ihre Angestellten abzuwälzen und eine Art Verlustbeteiligung einzuführen. «Das höhlt ein wesentliches Charakteristikum des Arbeitsvertrags aus und ist nach dem Obligationenrecht absolut unzulässig und somit nichtig.» «Bewusst vorenthalten» Im Rückblick auf die letzten zwei Monate ging Corrado Pardini in seiner Kritik noch weiter. Er erinnerte an das Konsultationsverfahren, wie es bei Änderungskündigungen in grosser Zahl vom Gesetz vorgeschrieben ist, und daran, dass die Mopac den Angestellten und der Unia gerade mal sechs Werktage eingeräumt habe, um sich Alternativen zu den Lohnkürzungen zu überlegen. Diese Zeit sei nicht nur viel zu kurz gewesen, «die Mopac hat uns auch alle Informationen, die zur Erarbeitung einer anderen Strategie nötig gewesen wären, bewusst vorenthalten». Die Firma betrachte die Konsultation offensichtlich nur als Alibiübung: «Schon vor Abschluss des Verfahrens stand für sie ohne Wenn und Aber fest, dass die Löhne angepasst werden.» Aus all diesen Gründen ruft die Unia nun den Richter an. Sie reicht Klage bei der Schlichtungsbehörde Emmental-Oberaargau ein mit dem Ziel, die Änderungskündigungen und die damit verbundenen Lohnsenkungen für nichtig erklären zu lassen. Zugleich bringt die Gewerkschaft auch einen zweiten Fall zur Anklage, denn Franziska Hulliger hat von der Mopac mittlerweile den blauen Brief bekommen. Diese Kündigung müsse rückgängig gemacht werden, forderte Nadaw Penner. Sie verletze gleich zwei Grundrechte. Jenes auf die freie Meinungsäusserung ebenso wie jenes auf gewerkschaftliche Betätigung. «Durchs Raster gefallen» Mopac-Chef Füchslin sieht die Sache – natürlich – ganz anders. «Wir sind der Meinung, dass wir alles richtig gemacht haben», sagt er. Die Lohnkürzungen seien für die Firma der einzig wirtschaftlich gangbare Weg und würden von den Betroffenen zum allergrössten Teil auch getragen. «Nur ganz wenige haben nicht unterschrieben» – bei dieser Gelegenheit weist Füchslin auch alle Vorwürfe um die Konsultationsfrist zurück. Er habe der Unia sehr wohl Einblick in die Zahlen bieten wollen, allerdings hätte sie dafür herreisen müssen, «denn ich versende keine Unterlagen». Und auch die sechs Tage entsprächen dem Gesetz, zumal das Kader vorher das neue Lohnmodell mit erarbeitet habe. Wieso man sich von Franziska Hulliger trenne? Im kleinen Rahmen habe man trotz allem Stellen abbauen müssen. Dabei sei unter anderem auch die Leistung bewertet worden, «und durch dieses Raster ist Frau Hulliger gefallen.»Stephan Künzi>
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