Gesichter des Krieges
Salam Ahmad ist mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet. Im Progr präsentiert der studierte Philosoph in der Galerie Kulturpunkt seine Kunst. Es sind Gesichter und Gestalten aus der Erinnerung gemalt.

Salam Ahmad ist von oben bis unten mit Farbe vollgekleckert. Er malt mal mit einem Pinsel, mal mit dem Einsatz beider Hände. Unter dem Motto «Live Painting» vollendet er ein grossformatiges Gemälde mit drei Figuren mitten im Progr-Hof. Stören ihn die Zuschauer nicht? Das sei schon etwas merkwürdig, gibt er zu. «Ich male besser allein.»
Das tut der aus Aleppo stammende kurdische Syrer oft und gerne. Das Projekt «Kreativ Asyl» stellt ihm im Progr einen Arbeitsplatz zur Verfügung. Zurzeit zeigt er seine Werke in der Galerie Kulturpunkt, ebenfalls im Progr. Mal auf Papier, mal auf Leinwand gemalte Gestalten und Gesichter im expressiven Stil sind Ahmads Markenzeichen. «Eines meiner Hobbys ist es, Leute auf der Strasse zu beobachten», so der 1970 im Norden Syriens geborene Künstler. Seine Bilder seien Erinnerungen.
Haus, Job und Bilder verloren
Ahmad hat in seiner alten Heimat Philosophie und Psychologie studiert. Wie wirkt sich dieser Hintergrund auf seine Kunst aus? «Ich bin interessiert daran, nicht nur die Gesichter der Menschen, sondern auch deren Seele zu malen.» Gesichter mit traurigen Augen, Frauenkörper mit filigranen Verzierungen oder Gruppen: Der Mensch ist Ahmads Motiv. Direkter emotionaler Appell zeichnet diese «Seelenkunst» aus. Sie entsteht ganz offensichtlich aus dem Bauch heraus, ohne grosse Distanz zum Gemalten.
Er selbst stamme aus einer einfachen Familie, in der Kunst keine grosse Rolle gespielt habe. «Ich habe mir alles selbst beigebracht.» Sein Grossvater habe aber Musik geliebt. «Ich glaube, meine Liebe zur Kunst stammt von ihm.» Verheiratet ist der Vater von zwei Kindern mit einer Anwältin. Die ganze Familie musste flüchten, als Ahmad zuerst seinen Job als Philosophielehrer verlor und schliesslich sein Haus in Aleppo in Schutt und Asche vorfand. Dabei seien auch rund hundert seiner Gemälde zerstört worden.
Hier in der Schweiz müsse er ganz bei null anfangen, man kenne ihn ja nicht. Ahmad lebt seit drei Jahren in Olten und lernt Deutsch. Seine Frau sei um einiges begabter als er, gibt er lächelnd zu. Die Probleme in seiner Heimat haben für Ahmad nicht erst mit dem Bürgerkrieg angefangen. Als syrischer Kurde gehört er einer unterdrückten Minderheit an. Für das öffentliche Sprechen seiner Muttersprache kam er in den Neunzigerjahren für sechs Monate ins Gefängnis.
Hier angekommen
Gemalt habe er schon immer. Wenn das Geld für Farben gefehlt habe, habe er mit Bleistift auf Zeitungspapier gekritzelt. Sogar im Zentrum für Asylsuchende in Oberbuchsiten setzte er seine beklemmenden Gefühle in Figuren um. Was er seit seiner Flucht am meisten vermisse, sei das Grab seines Vaters, das er nicht mehr aufsuchen könne.
Angelockt vom «Life-Painting», füllen die Besucher allmählich die Ausstellung im Progr. Als Nächstes wird Ahmad in der «Heitere Fahne» in Wabern im Rahmen des Projektes «Gemeinsam Saye» ausstellen. Der eher schüchtern wirkende Mann ist gut vernetzt und offensichtlich hier angekommen.
Ausstellung: bis 13. April in der Galerie Kulturpunkt, Progr, Bern.
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