Genf ganz entspannt
Eine florierende Beizenszene und neue Boutiquehotels – die Businessstadt befindet sich im Umbruch.

Genfs grosse Seebadi mit Blick auf den Jet d'Eau kennt keinen Winterschlaf. Die öffentliche Anlage Les Bains des Pâquis ist, wenn nicht gerade ein Sturm vorbeizieht, das ganze Jahr über geöffnet. Hartgesottene ziehen morgens im eisigen Wasser ihre Längen, andere treffen sich für den Sonnenaufgang zum Petit-Déjeuner. Ab 7 Uhr gibt es in der Buvette Konfischnitten, Birchermüesli und mittags ein günstiges Menü.
Am schönsten ist es in Les Bains des Pâquis, wenn die Sonne untergeht und draussen oder in den geheizten Hütten Fondue serviert wird. Zubereitet wird es nach einem eigenen Rezept mit dem Schaumwein Crémant. Das Seebad, das seit den Neunzigerjahren von einem Verein geführt wird, ist eine Institution. Es eignet sich gut als Ausgangspunkt, um ein Genf zu entdecken, das wenig mit seinen grossen Banken, multinationalen Firmen oder Luxusimmobilien am Lac Léman zu tun hat.
Neue Boutiquehotels, Restaurants junge Szenegastronomen, Street-Food-Festivals oder Cafés haben in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass man sich in der Grenzstadt auch dann wohlfühlt, wenn man sich nicht nur aus geschäftlichen Gründen hier aufhält.
Quereinsteiger und jüngere Gastronomen
Im Multikulti-Quartier Pâquis nördlich des Bahnhofs, wo sich auch die Seebadi befindet, hat sich einiges getan. In Gassen wie der Rue de Berne oder der Rue de Fribourg waren bis vor kurzem Prostitution und schummrige Clubs zu Hause. Jetzt vollzieht sich eine Transformation, wie sie vor gut zehn Jahren auch in der Zürcher Langstrasse zu beobachten war: Der Red Light District wird langsam, aber sicher verdrängt. In Pâquis wurde im vergangenen Frühjahr das Hotel D eröffnet; ein Boutiquehotel, das zur Elsässer Gruppe Diana Hotels Collection gehört und auch in Basel domiziliert ist.
Bisher waren Boutique- und Designhotels in der mittleren Preisklasse in Genf eher Mangelware. Mit 14 5-Stern-Häusern ist die Dichte an klassischen Luxushotels schweizweit am höchsten. Gut möglich, dass nicht nur das Hotel D, sondern auch das soeben eröffnete The Hamlet neue, kulturaffine Besucher anzieht. Es handelt sich um ein «Haus der Begegnung» mit Hotelzimmern, Bibliothek, Workspace, einer kleinen Epicerie und einem Vitra-Designshop. Vorgesehen ist auch die Eröffnung eines Citizen-M-Hotels im kommenden Jahr. Die designorientierte Kette aus den Niederlanden setzt auf grosszügige Gemeinschaftsräume und kleine, modern eingerichtete Zimmer.
Auch in der Gastronomie bewegt sich derzeit viel in Genf. Natürlich gibt es dank der Nähe zu Frankreich immer noch auffallend viele klassische Brasserien und Cafés. Doch in den letzten zehn Jahren haben Quereinsteiger und jüngere Gastronomen die Genfer Szene modernisiert. Ein Paradebeispiel ist The Hamburger Foundation. Die «Stiftung für Qualitätsburger» wurde 2012 von drei Schulfreunden ins Leben gerufen und machte ihre ersten Schritte in der Street-Food-Szene. Mittlerweile gibt es drei Restaurants, darunter eines in Pâquis und in Plainpalais.
Selbst die 5-Stern-Hotels sind relaxter geworden
Die Gegend um Plaine de Plainpalais, eine riesige Fläche mit Spielplatz und Skatepark, auf der auch Märkte stattfinden, ist im Aufwind. Das spürt man vor allem in der Rue Leschot und der angrenzenden Rue des Voisins. Man findet hier nicht nur viele tolle Boutiquen wie den hübschen Kleiderladen Poisson Rouge oder ein Co-Working-Café, sondern auch neue Restaurants.
Bei der südlich gelegenen Place des Augustins hat sich etwa die neue Bombar innert Kürze zu einem In-Lokal entwickelt. Die Genferinnen und Genfer treffen sich hier auf einen Naturwein, Drinks oder kleine, mediterran inspirierte Gerichte aus marktfrischen Zutaten zum Teilen. Fünf Minuten davon entfernt befindet sich auch das Ay, ein empfehlenswertes Restaurant mit mexikanischer Bistro-Küche.
Die Cuisine internationale scheint in dieser internationalen Stadt sowieso besonders gut zu gedeihen. So wurde mit dem Yakumanka im Hotel Mandarin Oriental kürzlich ein cooles peruanisches Lokal eröffnet; im Ritz Carlton hat sich die nordisch inspirierte Fiskebar eingemietet. Der Einrichtungsstil typischer Luxushotels mit Ledersofas und Seidenkissen fehlt. Alles besteht aus bodenständigem Holz. Selbst die 5-Stern-Hotels in Genf sind relaxter geworden.
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