Ukrainer im ArbeitsmarktGeflüchtete als Angestellte: Was Chefs und Gastfamilien wissen müssen
Für Schweizer Betriebe, die Schutzsuchende anstellen wollen, ist der Papierkrieg kleiner als üblich. Doch ganz ohne geht es nicht. Und nicht nur sie sind gefordert.

Kateryna K. (voller Name der Redaktion bekannt) ist noch keine Woche in der Schweiz, sie möchte aber lieber heute als morgen mit Arbeiten anfangen. Um sich zu beschäftigen, hat die 60-jährige Bibliothekarin aus Kiew ihrer Gastfamilie in Winterthur schon mal den Garten aufgeräumt. Deutsch spricht sie kaum, dafür Ukrainisch und Russisch – und würde alles tun, um nicht untätig herumsitzen zu müssen.
Die Gastfamilie hat für Kateryna K., ihre Cousine und deren 15-jährige Tochter schon mal einen Deutschkurs organisiert. Doch was sollten Gastfamilien und künftige Arbeitgeber sonst noch beachten, wenn es um die Integration der Geflüchteten in den Schweizer Arbeitsmarkt geht?
Tipps für Gastfamilien
Gastfamilien sind gefordert, wenn Flüchtlinge, die sie bei sich aufgenommen haben, im Arbeitsmarkt Fuss fassen wollen:
Bewerbungsunterlagen zusammenstellen: Arbeitswillige müssen nicht nur als Flüchtlinge mit Schutzstatus S registriert sein, sondern auch Bewerbungsunterlagen vorweisen. Und zwar wenn immer möglich auf Deutsch oder Englisch, wie Marc Flückiger, Chef des Personalvermittlers Work Selection, betont. Diese Unterlagen fehlen oft, weil viele ihr Land Hals über Kopf verlassen mussten. Kateryna K. beispielsweise hatte dreissig Minuten, um ihre Sachen zu packen. Gastfamilien können Geflüchtete dabei unterstützen, die wichtigsten Angaben zur Person und zum beruflichen Werdegang in einem kurzen Lebenslauf zusammenzustellen, zum Beispiel mithilfe von Jobbörsen im Internet. Oder aber sie stellen den Kontakt zu einer Personalvermittlungsfirma her, welche diese Dienstleistung kostenlos anbietet.
Jobwünsche klären: Vor der Bewerbung gilt es, im Gespräch herauszufinden, welche Arbeiten ausserhalb des angestammten Berufs infrage kommen. Dieser Punkt ist gemäss Marc Flückiger zentral. Nicht alle sind wie Kateryna K. bereit, auch zu putzen oder Fliessbandarbeit zu leisten.
Tipps für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
Für Arbeitgeber, die Menschen aus der Ukraine anstellen möchten, fallen verhältnismässig wenige Formalitäten an:
Beim Kanton anmelden: Die neue Arbeitskraft muss beim kantonalen Amt für Wirtschaft und Arbeit angemeldet werden, unter anderem wegen der Sozialversicherungen. Es braucht auch ein Bewilligungsgesuch, das aber gemäss Weisung des SEM «wohlwollend und ohne grossen administrativen Aufwand» geprüft wird.* Die Wirtschaftsämter bieten dazu ein Formular «Stellenantritt» an, das zusammen mit einer Kopie des Ausländerausweises S, der Identitätskarte oder des Passes sowie dem gegenseitig unterzeichneten Arbeitsvertrag einzureichen ist.
Quellensteuer abziehen: Nicht vergessen darf der Arbeitgeber, die Quellensteuer abzuziehen, wo diese Pflicht besteht.
Eva Novak ist Wirtschaftsredaktorin bei Tamedia. Die langjährige Bundeshausjournalistin und studierte Historikerin beobachtet die Wirtschaftspolitik direkt aus Bern.
Mehr Infos@ev_novakFehler gefunden?Jetzt melden.