Gefängnisdirektor unter Druck
Regierungsrat Peter Gomm hat zu den Vorfällen in der Strafanstalt Schöngrün eine Untersuchung eingeleitet. Dabei stehen das Sicherheitsdispositiv und das Verhalten von Gefängnisdirektor Peter Fäh im Vordergrund.
Auch vier Tage nach Bekanntwerden werfen die Vorkommnisse in der Aussenstation Bleichenberg der Strafanstalt Schöngrün viele Fragen auf: Wie ist es beispielsweise möglich, dass Insassen Schäferstündchen mit bestellten Frauen oder Prostituierten gehabt haben sollen, ohne dass das Aufsichtspersonal davon etwas mitbekommen hat? Das gleiche gilt für die vermeintlichen sexuellen Handlungen mit der 14-jährigen Tochter eines Insassen: Wie konnte sie sich unbemerkt im offenen Strafvollzug aufhalten und – wie behauptet wird – ebenfalls unbemerkt intim mit zwei Häftlingen verkehren? Wir gross ist die Sicherheitslücke im «Bleichenberg» wirklich, weshalb gelingt Gefangenen offenbar immer wieder problemlos die Flucht?Auf diese und viele weitere Fragen gab es gestern zunächst keine Antwort: Gefängnisdirektor Peter Fäh verwies ans Departement des Innern von Regierungsrat Peter Gomm. Dieser übte sich zunächst jedoch ebenfalls in Schweigen und liess durch seine Sekretärin ausrichten, die Öffentlichkeit werde am Donnerstag informiert – nach einer Sitzung mit der kantonsrätlichen Justizkommission.Dann, am Nachmittag, der Sinneswandel: Gomm teilte in einem Communiqué mit, er habe zum Vorfall in der Strafanstalt eine Untersuchung angeordnet. Durch diese «Administrativ-Untersuchung» sollen das Sicherheitsdispositiv des «Schöngrün», die Organisation der Strafanstalt sowie das Führungsverhalten von Gefängnisdirektor Peter Fäh überprüft werden.Ob Peter Fähs Position zur Debatte steht, – die SVP fordert bekanntlich seit Tagen dessen Rücktritt – lässt Gomm offen. «Das ist im Moment nicht die zentrale Frage. Wir werden aber aus dem Expertenbericht unsere Schlüsse ziehen.» Aussenstelle bleibt zuBereits jetzt steht für Gomm fest: Die Aussenstelle Bleichenberg der Strafanstalt bleibt geschlossen – voraussichtlich für immer. «Nach diesem Vorfall ist dort Schluss», sagt er dezidiert. Selbst wenn der ausserkantonale Experte zum Schluss kommen sollte, das Sicherheitsdispositiv sei genügend, wäre es für Gomm unverantwortlich, im «Bleichenberg» weiterhin Gefangene unterzubringen.Für den landwirtschaftlichen Betrieb habe die Schliessung keinerlei Konsequenzen: «Tagsüber arbeiten die Insassen weiterhin dort, sie werden am Abend aber im ‹Schöngrün› eingeschlossen.» Freilich mit der Konsequenz, dass es im «Schöngrün» fortan insgesamt weniger Plätze für den Strafvollzug haben wird.Keine Bedenken hat Peter Gomm, was den offenen Strafvollzug im neuen Gefängnis betrifft, das im Jahr 2013 eröffnet werden soll: «Dort werden die Sicherheitsvorkehrungen ohnehin sehr hoch sein.»Ein Disziplinarverfahren?Sofortigen Handlungsbedarf sieht die Justizkommission (Juko): «Wir müssen analysieren, wo es Fehlfunktionen gibt und wie man diese Fehler korrigieren kann», sagt Präsident Jean-Pierre Summ (SP). Eigentlich fände er den offenen Strafvollzug ja eine gute Sache, «aber solche Dinge dürfen einfach nicht passieren».Summ schliesst auch nicht aus, dass die Vorkommnisse womöglich ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen könnten. Davon betroffen wären wohl das Personal und Gefängnisdirektor Peter Fäh. «Das liegt aber nicht in der Kompetenz der Juko», so Summ. Die Kommission könnte zuhanden des Regierungsrates höchstens eine Empfehlung erlassen. «Dazu müssten wir aber deutlich mehr über die Vorfälle wissen als dies heute der Fall ist.» Bewusst vertuscht?Mehr wissen will auch die Politik. Die Parteispitzen werden langsam aber sicher ungeduldig. Von einer «Eiterbeule vom feinsten» spricht SVP-Parteipräsident Heinz Müller. Es sei ein Skandal, dass der Vorfall bewusst vertuscht worden sei und man ihn bis nach den Wahlen unter dem Deckel gehalten habe. Müller hält an der Rücktrittsforderung an Gefängnisdirektor Peter Fäh fest. Von Peter Gomm erwartet Müller, dass er den «Mistladen» ausräumen wird. Auch FdP-Parteipräsident Ruedi Nützi fordert den Kopf von Peter Fäh. Die von Peter Gomm angeordnete Administrativ-Untersuchung sei grundsätzlich zu begrüssen. «Nur darf sie nicht nur ein politisches Feigenblatt sein.» Stattdessen müsse die Führung und die Organisation des Strafvollzugs von Grund auf hinterfragt werden.«Schockierend»Sollte sich bewahrheiten, dass die Vorfälle über mehrere Monate angedauert haben, wäre dies «schockierend», sagt SP-Parteipräsidentin Evelyn Borer. Positiv wertet sie, dass die Aussenstelle sofort geschlossen worden sei, und die Häftlinge ins Schöngrün verlegt worden seien. Eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK), wie sie FdP und SVP fordern, sei sicher eine Möglichkeit, um Licht ins Dunkel zu bringen. Allerdings müsse sich zuerst die Justizkommission eine Übersicht verschaffen. Die SP-Präsidentin ist zudem überzeugt, dass ‹ihr› Regierungsrat Peter Gomm «seine Verantwortung wahrnehmen wird». Zu einem allfälligen Rücktritt von Peter Fäh wollte sich Evelyn Borer hingegen noch nicht äussern. «Wie kann so etwas passieren?» Diese Frage stellt sich CVP-Präsidentin Annelies Peduzzi. Ihre Partei verzichte derzeit zwar auf politische Vorstösse, weil zuerst analysiert werden müsse, was falsch gelaufen sei. «Aber kritische Fragen müssen ganz klar gestellt werden. Denn auch im offenen Strafvollzug muss die Überwachung funktionieren.»
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