«Geblitzt wird primär zur Geldbeschaffung»
Fest installierte Radarfallen verfehlen ihren eigentlichen Zweck, sagt eine Untersuchung in Deutschland. Den TCS erinnert die Studie an die Situation in Zürich – die Stadtpolizei widerspricht.
«Wegelagerei!», schimpfen manche Automobilisten voller Inbrunst, wenn sie von einer Radarfalle mit überhöhter Geschwindigkeit erfasst werden. Mit solchen Worten wurde der deutsche Verkehrspsychologe Karl-Friedrich Voss auf «Spiegel online» und in vielen anderen deutschen Medien zwar nicht zitiert – doch seine Forschungsergebnisse lassen am Sinn der Blechpolizisten zweifeln.
Zum Beispiel mit Blick auf die «Kundschaft», die von den Anlagen erfasst und fotografiert wird: In seiner Untersuchung hat Voss, der auch in der Fachgruppe Verkehrspsychologie in seinem Berufsverband aktiv ist, zwei Datensätze aus dem Jahr 2008 für ganz Deutschland analysiert und verglichen: jenen der Tempoverstösse und jenen der Zahl der Unfälle, die sich wegen überhöhter Geschwindigkeit ereigneten.
Junglenker stärker ins Visier nehmen
Herauskam dabei, dass junge Fahrer im Alter von 18 und 20 Jahren, bei denen das Unfallrisiko besonders hoch war, weniger als halb so oft geblitzt wurden wie Menschen aus der Gruppe der 25- bis 44-Jährigen. Fazit: Um die Junglenker besser zu erfassen, sollten Kontrollen häufiger dann stattfinden, wenn sie unterwegs sind – nämlich nachts und an den Wochenenden. «Die Polizei arbeitet doch schon gezielt mit Alkoholkontrollen bei dieser Gruppe», sagt Voss gegenüber Redaktion Tamedia, «da könnte man eigentlich auch Geschwindigkeitskontrollen durchführen.»
Vor allem aber sollten Radaranlagen öfter an Unfallschwerpunkten aufgestellt werden, so der Verkehrspsychologe – und nicht bloss dort, wo viel Verkehr ist. «Lieber weniger Leute blitzen – aber dafür an Orten, wo das Tempo zu Gefahren führt», sagt Voss. Eine Empfehlung, die der TCS in der Stadt Zürich voll unterstützt. «Die Resultate der Studie bestätigen unsere Vorurteile», sagte Reto Cavegn, Geschäftsführer der Zürcher Sektion, «geblitzt wird in Zürich primär zur Geldbeschaffung – und weniger, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.»
Einzelne Anlagen mit Millionen-«Umsatz»
Vor allem die Radaranlage auf der Hohlstrasse zwischen Hardplatz und der Zufahrt zur Duttweiler-Brücke ist nach Cavegns Ansicht beispielhaft für die Zürcher Radarkontrollen (siehe auch Artikel «Die fünf rentabelsten Radaranlagen Zürichs»). «Das ist eine zweispurige Strasse ohne besondere Gefährdungssituation», sagt er, «einen solchen Standort zu wählen, hat mit Unfallprävention nun wirklich nichts zu tun.»
Als weiteres Negativbeispiel nennt Cavegn den Blitzkasten an der Rosengartenstrasse, während er den Standort eines anderen Blechpolizisten überzeugender findet. «Wenn man die Hohlstrasse weiter in Richtung Letzipark fährt, steht vor einem Fussgängerstreifen ein Radargerät», sagt er, «das finde ich sinnvoll. Wer dort zu schnell fährt, der ist wirklich falsch unterwegs.»
Radarfallen als Mahnung an die Fahrer
Die Stadtpolizei Zürich begegnet der Kritik des TCS an der Platzierung der Radarfallen an den Einfahrtsachsen mit dem Argument, dass solche Anlagen auch eine Warnung darstellen sollen. «Zürich ist eine Wohnstadt», sagt Mediensprecher Marco Bisa, «wir wollen, dass jeder, der hineinfährt, weiss, dass er auch kontrolliert wird.» Neben der Unfallgefahr auch wegen der Luft- und Lärmbelastung für die Bewohner, so Bisa – und es sei nachgewiesen, dass Fahrverhalten umso eher der Situation angepasst wird, je höher die wahrgenommene Kontrolle sei.
Noch mehr mobile Einheiten einsetzen?
Dass der deutsche Verkehrspsychologe Voss von der Polizei fordert, häufiger mobile Einsatzwagen einzusetzen, überrascht Cavegn nicht. Zum einen wegen der Möglichkeit, zielgenau an gefährlichen Stellen gegen Temposünder vorzugehen, und zum anderen wegen der zeitlichen Nähe von Vergehen und Strafe. «Wenn man die eigene Verfehlung sofort zu spüren bekommt», sagt der TCS-Geschäftsführer, «dann hat das mit Sicherheit eine stärkere Wirkung als stationäre Kontrollen, bei denen die Busse erst viel später per Post erfolgt.»
In Zürich werden solche Fahrzeuge mit integrierter Tempo-Messvorrichtung seit rund zehn Jahren eingesetzt. Wie viele es sind, teilt die Stadtpolizei aus taktischen Gründen nicht mit, sondern beschränkt sich auf die Quantifizierung «einige». Diese Einsatzwagen werden, neben alltäglicher Verkehrüberwachung, durchgehend auch an Wochenenden und in den Nachtstunden eingesetzt.
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