YB siegt in Vaduz 2:0Für die Young Boys gilt: Immer weiter, immer höher
Die Berner zeigen in Vaduz zwei Gesichter. Nach dem 2:0-Sieg ist ihnen ein weiterer Rekord nicht mehr zu nehmen.

Das Lob kam ungefragt. Es war Anfang Oktober, die Saison war noch jung, und das Team von Vaduz-Trainer Mario Frick verlor soeben bei YB 0:1. Die Berner hatten sich schwergetan, doch Frick legte sich bei seinem Resümee an der Medienkonferenz fest: YB werde auch in dieser Saison den Titel gewinnen.
Jetzt ist Mitte Mai, Fricks Prognose ist längst eingetroffen. Als YB am frühen Dienstagabend in Vaduz gastiert, ist die Frage einzig, ob sich auch am Tabellenende der offensichtlichste Tipp bewahrheiten würde. Die Liechtensteiner waren zu Beginn der Saison nicht nur einer der zwei Aufsteiger, sondern vor allem der Abstiegskandidat Nummer 1.
Und so spielen sie zu Beginn. Nach 14 Minuten können die Berner schon sieben Abschlüsse verzeichnen. Mit dem achten Versuch gehen sie nach einer Viertelstunde in Führung. Sandro Lauper lanciert Jean-Pierre Nsame. Dieser legt sich den Ball zurecht, schaut auf, flankt. Jordan Siebatcheu erzielt mit einem Kopfball de luxe das 1:0. Es ist sein zwölftes Saisontor, die Hälfte davon hat der amerikanische Nationalspieler mit dem Kopf erzielt.
Nsames Durststrecke
Es ist ein überzeugender Start der Gäste, bei denen Trainer Gerardo Seoane im Vergleich zum Spiel gegen Basel sieben Wechsel vornimmt. Michel Aebischer erhält eine Pause, er reiste gar nicht erst mit. Wie auch Nicolas Ngamaleu, der sich gegen Basel am Rücken verletzte. Der Offensivspieler kann zwar wieder leicht trainieren, ein Einsatz am Wochenende gegen Luzern dürfte aber noch zu früh kommen.
Für Ngamaleu darf Spielmann wieder einmal beginnen. Und der 25-Jährige ist bestrebt, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Er probiert es, ein-, zwei-, dreimal, doch ein Tor will ihm nicht gelingen, wie auch Nsame, der zum fünften Mal in Folge ohne Treffer bleibt. Seine längste Durststrecke seit zwei Jahren.
Bis zur Pause ist es ein angenehmer Abend für YB. Doch Frick hat die acht Monate seit der Lobrede auf YB genutzt, sein Profil zu schärfen. Er gilt nun als einer der vielversprechendsten Jungtrainer im Schweizer Fussball. Sein Team hat dafür gesorgt, dass bei der renommierten Konkurrenz aus Sitten, St. Gallen und Zürich um den Klassenerhalt gezittert wird.
Ein Geschenk für von Ballmoos?
Frick findet zur Pause die richtigen Worte. Seine Spieler sind nicht wiederzuerkennen. Sie nehmen die Duelle an, sie gewinnen die Mehrzahl der Zweikämpfe, sie haben mehr Ballbesitz und auch mehr Abschlüsse als der Meister. Der Ausgleich liegt in der Luft. Doch ob Tunahan Çiçek, Cédric Gasser oder Yannick Schmid – die Vaduzer lassen vorzügliche Gelegenheiten aus. Kein Wunder, ist ihr bester Torschütze Joël Schmied, ein im YB-Nachwuchs ausgebildeter Verteidiger. Er hat sieben Treffer erzielt.
So bleibt das Nachlassen der Berner unbestraft. In Ballbesitz habe die Geduld gefehlt, sagt Lauper, eine Vielzahl an Ballverlusten sei die Folge gewesen. Aber dann macht sich der Qualitätsunterschied wieder bemerkbar: Die eingewechselten Christian Fassnacht und Felix Mambimbi spielen sich in der 79. Minute vors Tor, Fassnacht verwertet mit dem Kopf. Das 2:0 ist der siebte Saisontreffer des Nationalspielers und die Entscheidung. «Wir taten uns hier oft schwer», sagt Seoane. «Insofern bin ich sehr zufrieden.»
Nach dem Sieg in Vaduz ist klar, dass die Young Boys die Saison mit dem grössten Vorsprung in der Geschichte der Super League abschliessen werden. Die Rekordjagd sei durchaus ein Thema in der Kabine, sagt Lauper. Nun wolle man David von Ballmoos den nächsten Bestwert schenken.
Was Lauper meint: Am wenigsten Gegentore in einer Saison erhielt Basel vor acht Jahren (31). Die Young Boys stehen zwei Partien vor Ende bei 25. Es müsste schon sehr viel schiefgehen, damit sie sich nicht auch diesen Rekord holen.
Dominic Wuillemin ist seit 2015 Redaktor im Ressort Sport. Er studierte an der ZHAW in Winterthur Journalismus.
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