Für den Stadtpräsidenten sind Hausbesetzungen der falsche Weg
Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) setzt auf den Dialog: Hätten sich die Parteien bei der Stadt gemeldet, hätte man die Eskalation am Mittwoch verhindern können.

Herr von Graffenried, am Mittwoch war in der Berner Effingerstrasse einiges los. Wie beurteilen Sie die Vorkommnisse?Alec von Graffenried: Ich bedaure und verurteile sehr, dass die Situation dermassen eskaliert ist. Selbst habe ich das Geschehen leider nur durch meine Mitarbeiter vor Ort sowie die Medien mitbekommen – ich war den ganzen Tag auswärts unterwegs und am Abend durch einen familiären Termin blockiert.
Für heute Abend und morgen Samstag sind weitere Demonstrationen geplant. Werden Sie dort anwesend sein?Das kann ich mir gut vorstellen. Schliesslich ist es wichtig, sich auch persönlich ein Bild von den Ereignissen zu machen, gerade auch dazu, für Folgediskussionen im Bild zu sein.
Werden Sie dann auch, wie Sie es einst am «Bund»-Podium versprachen, «Frontpräsenz» zeigen und bei den Konflikten vermitteln?(lacht) Nein, ich werde mich weder aufdrängen noch einmischen, sondern lieber im Hintergrund halten. Falls es aber nötig wäre, würde ich sicher für einen Dialog zur Verfügung stehen.
Welche Partei ist Ihrer Meinung nach schuld an den Ausschreitungen vom Mittwoch?Ich glaube, das Ganze ist einfach in jeglicher Hinsicht unglücklich verlaufen. Normalerweise können Hausbesetzungen in Bern friedlich abgewickelt werden; etwa, indem man möglichst lange wartet, bevor das Gebäude geräumt wird. Oder aber natürlich, indem man den Dialog mit den Besetzern sucht und sich im Gespräch auf einen Kompromiss einigt. Im Falle der Effingerstrasse fehlte es aber offensichtlich an dieser Dialogbereitschaft.
Hätte die Stadt die Situation überhaupt beruhigen können?In Einzelfällen gelingt es der Stadt auch im Falle einer bereits erfolgten Besetzung zu vermitteln und eine Zwischennutzung zu etablieren. Das ist aber die Ausnahme. Die Koordinationsstelle für Zwischennutzungen sollte schon früher aktiv werden und bei Leerständen Zwischennutzungen vermitteln, ohne dass es zu Besetzungen kommt. Ein positives Beispiel hierfür wäre etwa das Zieglerspital.
Die Hausbesetzer wollen durch ihre Aktionen auf das Problem des leer stehenden Wohnraums aufmerksam machen. Ist das der richtige Weg?Nein, das glaube ich eher weniger. Sowohl der Gemeinderat als auch der Stadtrat sind sehr sensibel für das Problem der Wohnungsnot und sind dabei, an den Lösungen zu arbeiten. Wir müssen also nicht noch zusätzlich durch Hausbesetzungen sensibilisiert werden.
Eine Motion, die am 9. März im Stadtrat behandelt wird, verlangt, dass man eine grundsätzliche Nutzungs- oder Vermietungspflicht einführt. Könnte das eine Lösung sein?Eine solche Pflicht kann die Stadt gar nicht erlassen, da sie die Eigentumsgarantie betreffen würde. Das Einzige, was wir tun können, ist alle Türen offen zu halten und die Hausbesitzer möglichst gut zu unterstützen. Hier könnte die Stadt sicher aktiver werden.
Die Hausbesetzer an der Effingerstrasse waren aber an einer städtischen Zwischennutzung gar nicht interessiert.An dieser Stelle bin ich wirklich ratlos. Wenn jemand ein leeres Gebäude besetzt und gleichzeitig sagt, dass er an Zwischennutzungen nicht interessiert ist, dann verstehe ich das nicht wirklich.
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