Florian Scholz übernimmt bei KTB
Der Deutsche Florian Scholz wird neuer Intendant von Konzert Theater Bern. Er war bisher Chef des Stadttheaters im österreichischen Klagenfurt und setzte sich gegen mehrere Dutzend Bewerber durch.

Florian Scholz ist gut aufgelegt. Seit Montag ist er in Bern – denn an diesem Tag entschied der Stiftungsrat von Konzert Theater Bern, ob er neuer Intendant werden wird. Die Zeit bis zum definitiven Bescheid verkürzte er sich, indem er in die Aare sprang. Sie hatte 15 Grad und führte viel Wasser – und die meisten Berner wären noch nicht in den Fluss gestiegen. Florian Scholz scheute sich nicht, ins kalte Wasser zu springen. «Danach rief Stiftungsratspräsidentin Nadine Borter an und sagte, ich sei gewählt.» Der Entscheid war einstimmig.
Doch wer ist dieser 49-jährige Deutsche, der zusammen mit seinem Partner drei Windhunde besitzt und der die letzten sieben Jahre als Intendant in Klagenfurt wirkte? Ganz sicher ist er einer, der schon immer fürs Theater lebte. In der Abiturzeitung stand bei ihm als Berufswunsch «Theaterdirektor oder Souffleur» – das sagte er 2012 der österreichischen Zeitung «Der Standard». Er wurde aber zuerst Schauspieler, bevor ihn dann Generalintendant Stephan Märki 2002 als Assistent ans Deutsche Nationaltheater in Weimar holte.
Ja, genau, Florian Scholz hat eine Geschichte mit Stephan Märki, dem ehemaligen Berner Intendanten, der letzten Sommer Knall auf Fall abtrat, nachdem bekannt geworden war, dass er eine Liebesgeschichte mit der Kommunikationschefin verheimlicht hatte. «Meine Geschichte mit Märki ist aber eine andere Geschichte», betont Scholz. Er halte es lieber mit den Japanern, die ihren Förderern und Vorgängern dankbar seien. Märki holte den jungen Scholz damals von der Bühne hinter die Bühne. Nach vier Jahren trennten sich die Wege der beiden. «Wir haben nach wie vor ein kollegiales Verhältnis», sagt Scholz.
Schon 2017, als bekannt geworden war, dass Märki 2021 das Haus regulär verlassen würde, hatte Florian Scholz sich bei ihm gemeldet – Bern interessierte ihn. Es gab ein gemeinsames Nachtessen, «bei dem Märki vage blieb», wie Scholz sagt. Der unrühmliche Abgang kam später. «Immer wenn die Sprache auf Märki kommt, sehe ich hier in Bern betroffene Gesichter», sagt Scholz, «es ist für alle ein grosses Bedürfnis, ein neues Kapitel aufzuschlagen.»
«Kein Diskussionspunkt»
Kann man denn das mit jemandem, der schon einmal mit dem unrühmlich abgetretenen Vorgänger zusammengearbeitet hat? «Das ist fast zwanzig Jahre her», sagt Stiftungsratspräsidentin Nadine Borter, «für uns war das kein Diskussionspunkt. Für uns war die Qualität entscheidend. Und die brachte Florian Scholz mit seiner Erfahrung, seiner Breite, seiner Führungsqualität und seinen Visionen fürs Berner Modell mit.»
Tatsächlich hat der neue Intendant, der ab kommender Saison zu 50 Prozent in Bern sein wird und ab 1. August 2020 vollständig nach Bern wechseln wird, einige Änderungen vor. Die vielleicht grösste: Mit ihm ans Haus wird Roger Vontobel als Spartenleiter Schauspiel kommen. Er wird Cihan Inan ablösen. Der hierzulande relativ unbekannte Zürcher Regisseur hat sich seinen Namen vor allem in Deutschland gemacht, wo er zahlreiche Auszeichnungen gewonnen hat.
«Vontobel ist ein sehr, sehr starker Künstler, der wohl wichtigste Schweizer Regisseur seiner Generation. Er wird Bern durch seine Handschrift prägen», sagt der designierte Intendant. Wichtig war Scholz, dass Vontobel ein Schweizer ist. «Nichts trennt uns mehr als die gemeinsame Sprache», sagt Florian Scholz augenzwinkernd – und meint damit die Unterschiede zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Tanzchefin Estefania Miranda möchte Scholz unbedingt am Haus behalten. Sie hat in den letzten Jahren gezeigt, dass es möglich ist, künstlerischen Anspruch und Publikumsnähe zu vereinen. Ihre Sparte ist die bestausgelastete in Bern. Im Opernbereich sei «alles offen», ebenso beim Berner Symphonieorchester, wo man derzeit auf der Suche nach einem neuen Chefdirigenten ist, weil der beliebte Mario Venzago kürzertreten will.
Auch mal «Evita»
Neben sich hat Florian Scholz ein paar Blätter liegen. Es ist der Leistungsvertrag von Konzert Theater Bern mit der Stadt, dem Kanton und der Regionalkonferenz Bern-Mittelland. «Ich lese gerne Leistungsverträge, da stecken gut versteckt immer hübsche Sachen drin», sagt er – und er meint es nicht ironisch. Ihm gefällt, dass er ein Theater für ein breites Publikum machen soll. Er nehme die verschiedenen Ansprüche sehr ernst. Dann räuspert er sich. «Ich habe in den letzten Jahren lernen dürfen, dass es nicht ohne Musicals und Operetten geht.» Und das könne grossen Spass machen. «Was spricht denn gegen das Musical ‹Evita› von Lloyd Webber?», fragt er rhetorisch.
«Evita» stand diese Saison in Klagenfurt auf dem Programm. «Wichtig ist es, eine vertrauensvolle Beziehung zum Publikum zu schaffen, damit die einen nicht bei ‹Evita› die Nase rümpfen und die anderen nichts von einer neu komponierten, modernen Oper hören wollen», sagt er. Und er weiss, wovon er spricht. Das Stadttheater Klagenfurt ist ein Theater für die ganze Region, manche Leute fahren eineinhalb Stunden mit dem Bus in die Stadt, um eine Vorstellung zu besuchen. Scholz will kein Intendant für die Eliten sein. Und auch mal in die Aare springen.
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«Die richtige Wahl», findet Kulturredaktorin Marina Bolzli. Lesen Sie auch ihren Kommentar.
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