Flaggen mit Zündstoff
In Schliern werden zum Nationalfeiertag heuer erstmals keine Fahnen aufgehängt – weil das Montieren zu gefährlich geworden sei. Der Ortsverein und andere Könizer Leiste fühlen sich von der Gemeinde im Stich gelassen.

Nun wehen sie wieder im Winde, die Schweizer Kreuze, Kantons- und Dorfwappen. Ob an Masten flatternd oder an Kandelabern hängend: Flaggen prägen dieser Tage so manch ein Ortsbild. Die ganze Nation, so scheint es, putzt sich für ihren Geburtstag heraus.
Wer wo wie viele Fahnen aufhängt, das wird in der föderalistischen Schweiz überall anders gehandhabt. In Köniz etwa ist die Beflaggung grösstenteils Sache der Ortsvereine. Will heissen: Hier schmückt für den Nationalfeiertag nicht die Gemeinde die Strassen, hier liegt es an den Leisten, ob sie in ihren jeweiligen Ortsteilen Fahnen anbringen wollen – auf eigene Kosten und auf eigene Gefahr hin.
«Wir verzichten diesmal aus Sicherheitsgründen auf eine Beflaggung.»
«Nicht Suva-konform»
Genau das sorgt in Berns grösstem Vorort nun für Nasenrümpfen, vor allem in Schliern. Der Ortsteil wurde in der Vergangenheit jeden 1. August beflaggt. Heuer bleiben die 30 Fahnen aber erstmals in der Kiste verstaut. «Wir verzichten diesmal aus Sicherheitsgründen auf eine Beflaggung», erklärt Adrian Schöni vom Vorstand des Ortsvereins.
Für die Person, die bislang mit der Montage betraut worden sei, sei es schlicht zu gefährlich geworden. Denn sie habe jeweils auf einer einfachen Leiter und angelehnt an einen Traktor in die Höhe steigen müssen, um die Fahnen anzubringen – eine eher behelfsmässige Einrichtung, die laut Schöni «nicht gerade Suva-konform» sei.
«Eigentlich bräuchte es dafür Spezialfahrzeuge mit einer Hebebühne», findet er. Über eine solche verfüge aber nur die Gemeinde, die mit der Beflaggung jedoch nichts zu tun haben will.
Ein weiterer Makel, der die Montage zum halsbrecherischen Akt macht: «An den Kandelabern sind die Hängevorrichtungen teilweise schon länger nicht mehr dran», so Schöni. Das mache das Ganze umso mühsamer – und umso gefährlicher. Wegen des Risikos wünschte sich der Ortsverein von der Gemeinde «ein Entgegenkommen».
Als unbefriedigend empfindet man die Handhabung in Sachen Beflaggung aber nicht nur in Schliern. Auch in Niederscherli wird der Fahnenschmuck jeweils eher notdürftig angebracht – dort mithilfe von Leiter und Lieferwagen. «Aus sicherheitstechnischer Perspektive ist das sicher nicht optimal», sagt David Blum vom dortigen Ortsverein.
Trotzdem hat der Verein letzte Woche die 50 Flaggen wie eh und je aufgehängt, denn den Leuten gefalle es. Aber: «Ein Zustupf der Gemeinde in die Ortsvereinskasse wäre schon nicht schlecht.»
Ähnlich tönt es in Wabern. Dort ist zwar der Vereinskonvent für die Beflaggung zuständig. Für den Präsidenten des Leistes, Herbert Hügli, ist aber klar: «Das ist eine Aufgabe, welche die Gemeinde vornehmen könnte.» Dies, zumal in Wabern die Montage entlang der Tramlinie und damit direkt neben den Oberleitungen stattfindet. «Das ist gefährlich.» So sieht es auch der Liebefeld-Leist, der in seinem Ortsteil grundsätzlich keine Fahnen aufhängt. «Uns fehlen die Kapazitäten, das Know-how und die entsprechenden Geräte», sagt Co-Präsidentin Theres Schütz. Auch sie hält die Beflaggung für eine Angelegenheit der Gemeinde.
Dem widerspricht wiederum Walo Hänni, Präsident des Ortsvereins Köniz. Der ehemalige Gemeinderat (FDP) erinnert daran, dass einst politisch bestimmt wurde, dass die Leiste dafür aufkommen müssen. «Für mich gilt das.» Ein Sicherheitsrisiko sehe er in der Montage zudem nicht. «Der 1. August an sich ist ja auch gefährlich.» Der Ortsverein Köniz lässt sich die Beflaggung laut Hänni 500 bis 1000 Franken kosten.
Spezialfall in Thörishaus
Und was sagt die Gemeinde zum Ganzen? «Wir begrüssen Aktivitäten zum 1. August in den Ortsteilen von Köniz», sagt Godi Huber, Leiter Kommunikation. Es sei eine Tradition, dass diese von den Orts- und Quartiervereinen selbst organisiert und durchgeführt würden. Ein Wechsel der Verantwortlichkeit scheint nicht infrage zu kommen. «Das würde die Möglichkeiten der Gemeinde übersteigen.»
Es gelte zu berücksichtigen, dass Köniz gross ist. Huber weist aber darauf hin, dass die Behörde auf Gesuch Bundesfeiern mit bis zu 500 Franken unterstütze. Er ruft die Leiste auf, sich zu melden, wenn es Probleme bei der Beflaggung gebe.
Thörishaus hatte bisher noch nie ein solches Problem. Der Ort liegt nicht nur auf Könizer, sondern auch auf Neuenegger Boden. Dank dieses Spezialfalls müssen sich die Thörishauser am Nationalfeiertag jeweils keine Sorgen wegen der Beflaggung machen. Diese übernimmt die Gemeinde Neuenegg.
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