Geldgeber aus China steigen beim FC Thun ein
Nach langer erfolgloser Suche haben die Oberländer einen Investor gefunden. Die Pacific Media Group sichert in den nächsten zehn Jahren einen Betrag von drei Millionen zu.
Andres Gerber öffnet die Tür zur Härzbluet-Lounge unter dem Dach der Stockhorn-Arena. Der Sportchef des FC Thun wirkt verdutzt. «Bin ich im falschen Film?», fragt er und lacht.
Vor ihm sitzen Präsident Markus Lüthi, Vizepräsident Markus Peter. Der Club hat zur Medienkonferenz eingeladen. Denn die Thuner Verantwortlichen haben etwas zu erzählen. Für Lüthi und den kleinen FC Thun ist es etwas von grosser Tragweite, etwas, das ihn unglaublich freut, ihn stolz macht, und etwas, das die Zukunft des Vereins nachhaltig beeinflusst. Von der Freude getragen, beginnt Lüthi seine Ausführungen vor rund zwanzig Journalisten ein paar Minuten vor der vereinbarten Zeit. Und vergisst, auf Gerber zu warten.
Die Geschichte des Präsidenten beginnt vor sechs Monaten mit einer E-Mail. Es ist eine Nachricht, wie er sie als höchster Exponent eines Schweizer Profifussballvereins fast wöchentlich erhält, manchmal auch per SMS. Der Absender erkundigt sich, ob er mit seiner Firma als Investor einsteigen könnte. Lüthi skizziert die Rahmenbedingungen, unter welchen er sich eine Zusammenarbeit vorstellen könnte, und stellt in seiner Antwort unmissverständlich klar: «Der FC Thun steht nicht zum Verkauf.»
Zuhören statt Floskeln
Solche Nachrichten an potenzielle Investoren hat Lüthi in den letzten Jahren schon oft verfasst. Weil er stets bestrebt war, die finanzielle Situation der Thuner zu verbessern, stets ein offenes Ohr hatte für Leute, die dem FC Thun helfen wollten. Immer in der Absicht, die Zukunft des Vereins in der Super League nachhaltig zu sichern, ihn auf ein finanziell solides Fundament zu stellen.
Von den meisten habe er nach seiner Klarstellung, dass der Verein nicht zum Verkauf stehe, nichts mehr gehört, erzählt Lüthi. Oder höchstens irgendeine Hinhaltefloskel. Doch diesmal ist alles anders. Denn auf Lüthis Nachricht kommt die Nachfrage, wie er sich die Zusammenarbeit vorstelle. Lüthi merkt: «Die hören zu. Die interessieren sich für uns.»
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Dritte Halbzeit – der Tamedia Fussball-Podcast
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Die sind Vertreter der Pacific Media Group (PMG), einer Firma mit Sitz in China, deren Kerngeschäft die Finanzierung und der Vertrieb digitaler Inhalte aus den USA und dem asiatischen Markt ist. Überdies erzielt PMG seit einigen Jahren Erfolge mit internationalen Spielerdatenbanken. Auch im Fussball baute die Firma ein weltweites Verzeichnis von Spielerstatistiken auf.
Beim englischen Zweitligisten Barnsley hält PMG die Aktienmehrheit, auch beim französischen Ligue-1-Verein Nizza war das Unternehmen bis vor kurzem Mitbesitzer und verpasste knapp die erstmalige Champions-League-Qualifikation der Franzosen, die im Playoff gegen Napoli ausschieden. Es sind Sphären, die sich einen nur schwer vorstellen lassen, dass auch der FC Thun ins Interesse der Pacific Media Group rücken könnte.
Lange acht Tage
Doch nach der E-Mail-Korrespondenz intensiviert sich der Kontakt zwischen Lüthi und der PMG. Der Thuner Präsident schlägt ein Treffen im Oberland vor. Als er merkt, dass es menschlich passt und Lüthi das Vertrauen gewinnt, dass sich die Investoren nicht gleich wieder verabschieden möchten, sondern längerfristig planen, ist die Basis für Vertragsgespräche gelegt.
Wenig später liegt es vor ihm auf dem Tisch, das Papier, das für den FC Thun nach schwierigen Jahren inklusive Sammelaktionen und Existenzängsten, des Kampfs gegen die mittlerweile vertagte Ligareform, die Lüthi Mindereinnahmen von bis zu 800'000 Franken befürchten liess, eine Erleichterung verspricht: Insgesamt drei Millionen Franken hat die Pacific Media Group dem FC Thun vertraglich zugesichert. Für einen Verein, dessen Eigenkapital bei 400'000 Franken liegt, ist dies eine immense Finanzspritze. «Ich kann es immer noch nicht glauben, dass es geklappt hat», sagt Lüthi und erzählt, dass PMG auch mit zwei anderen Superligisten in Kontakt gewesen sei. «Ich bin stolz, haben sie uns ausgewählt.»
Lüthi spricht von langen acht Tagen, die vergangen seien zwischen Vertragsunterschrift und der ersten Überweisung auf das Konto. Diese 500'000 Franken entsprechen circa 5 Prozent des Aktienkapitals. Der Rest ist ein Darlehen mit Rangrücktritt, das die Thuner in den nächsten 10 Jahren in zwei Tranchen bei Bedarf anfordern können. PMG hat die Möglichkeit, dieses auch in Aktienkapital umwandeln zu lassen, was dazu führen würde, dass maximal 25 Prozent in den Händen des Investors liegen würden.
Dass es nicht mehr ist, ist Markus Lüthi wichtig zu betonen. «Wir wollen nicht unsere Seele verkaufen.»
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