«Fiat wäre ohne Italien besser dran»
Fiat-Konzernchef Sergio Marchionne rechnet mit seiner Heimat ab. Seine Kritik: Die Produktivität ist zu gering und die Wettbewerbsfähigkeit zu tief. Gewerkschaften und Regierung sind empört.

Der Fiat-Chef sagte am Sonntagabend im öffentlich-rechtlichen Sender RAI, zwar mache der Konzern Profit, doch werde der Gewinn nicht an den italienischen Produktionsstätten erwirtschaftet. «Man kann nicht auf ewig Operationen aufrechterhalten, die Verlust machen.» Von dem erwirtschafteten Gewinn «kommt nicht ein Euro aus Italien.» Die Arbeitsproduktivität sei zu gering und es herrsche ein Mangel an Wettbewerbsfähigkeit.
Fiat verhandelt derzeit mit den Gewerkschaften über die Schliessung eines Werkes in Sizilien im nächsten Jahr. Ausserdem hat der Autobauer angekündigt, die Produktion einer Modellreihe von Polen nach Italien zu verlagern. Im Gegenzug verlangt die Konzernführung von den Gewerkschaften Zugeständnisse, was diese aber ablehnen.
«Marchionne will Italien verlassen»
Der Chef der grössten Gewerkschaft CGIL, Guglielmo Epifani, wies die Vorwürfe des Konzernlenkers zurück. «Marchionne sieht die Zukunft von Fiat sehr skeptisch», sagte er am Montag. «In Wahrheit will Marchionne Italien verlassen.» Empört zeigte sich auch Rocco Palombella von der Metallarbeiter-Gewerkschaft Uilm: Marchionne solle «aufhören, die Arbeiter zu demütigen».
Auch bei der konservativen Regierung in Rom kam Marchionnes Standort-Schelte nicht gut an. Roberto Calderoli, Kabinettsminister ohne Geschäftsbereich von der rechten Lega Nord, erinnerte daran, dass gerade Fiat von der staatlichen Abwrackprämie profitiert habe. «Morchionne hat ein schlechtes Gedächtnis, wenn es um staatliche Hilfen geht.» Arbeitsminister Maurizio Sacconi sagte, Marchionne habe recht, wenn er sich für eine höhere Produktivität stark mache. «Aber Italien ist das Land, in dem der Konzern sein historisches Fundament hat», sagte Sacconi.
Der Traum vom globalen Konzern
Der Konzern hatte vor wenigen Tagen einen kräftigen Gewinnsprung im dritten Quartal bekannt gegeben, der aber vor allem dank guter Ergebnisse in den Geschäftsbereichen Landmaschinen und Lastwagen erzielt wurde, während das Pkw-Geschäft lahmte. Der Nettogewinn stieg im Berichtszeitraum von 21 auf 170 Millionen Euro. Die Umsatzprognose für das Gesamtjahr hob Fiat um 5 auf 55 Milliarden Euro an.
Fiat wird Anfang Januar einen historischen Schnitt vollziehen und das Geschäft mit Pkw von dem mit Lastwagen, Land- und Baumaschinen trennen. In der Fiat SpA sollen ab 1. Januar 2011 die Automarken Fiat, Alfa und Lancia zusammengefasst werden, dazu Maserati und der 85-Prozent-Anteil an Ferrari. In der Fiat Industrial finden sich künftig Bereiche wie der Lastwagenbauer Iveco, Landwirtschafts- und Baumaschinen. Mit der Aufspaltung will Marchionne seinem Ziel näher kommen, einen globalen Autokonzern zu schaffen.
dapd/pbe
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