Kolumne «Bern & so»Feuchte Finger
Vom Plastiksack-Dilemma an der Früchtetheke im Supermarkt.
Ich war in Nidau unterwegs und fuhr mit dem Auto ein paar Extrarunden im Kreisverkehr, weil ich vor dem Parkieren ein Lied im Radio zu Ende hören wollte. Laut wars. Und ich ohne Maske. Singend. Fast schon kriminell. Mir war schwindlig, als mir auffiel: Ungefähr jeder dritte Autofahrer trug eine Maske – obwohl er allein im Fahrzeug sass.
«Habe ich die neueste Massnahme verpasst?», fragte ich mich, parkierte die Karre, setzte meine Maske auf und fädelte mich in die kurze Schlange vor dem Supermarkt ein. Bei den Früchten das immergleiche Szenario: Die Menschen chnüble mit ihren von der Winterluft klammen und trockenen Fingern an den Plastiksäckchen rum und versuchen, diese zu öffnen, um Mandarinen und Erdnüsse abzufüllen.
Über die Theke hinweg grinste mich eine ältere Frau an. «Scheiss-Corona», zischte sie mir zu. Auch sie versuchte, ihren Sack zu öffnen. Nach ein paar erfolglosen Versuchen zog sie die Maske nach unten, leckte ihren rechten Zeigefinger ab, öffnete den Sack, schob die Maske wieder nach oben und ging zur Waage. Tippte mit demselben feuchten Finger die Nummer 186 ein – 783 Gramm blonde Orangen. «Vitamin C ist zentral, das stärkt das Immunsystem», sagte sie und zog von dannen.
Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Sie drehte sich nochmals um: «Und Lachen, genau, vergessen Sie das ja nicht! Es ist das Wichtigste überhaupt. Und noch nicht verboten.»
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