
Spieler infiziert, Teams zurückgezogen, Meisterschaften abgesagt. Eishockey? Die Saison in der Schweiz ist abgebrochen. Inter Mailand? Hat den Betrieb eingestellt. Die NBA? Auf unbestimmte Zeit abgeblasen. Der Sport ist in den letzten 24 Stunden von einer Reihe von Nachrichten durchgeschüttelt worden. Wo es eben noch um Resultate, Tore, Zeiten oder Titel ging, stellt sich jetzt die Sinnfrage: Was bringt das alles noch?
Einige mögen dieses Szenario in den letzten Tagen erwartet haben, doch die Geschwindigkeit, mit der das Coronavirus derzeit über die Welt schwappt, überfordert uns, jedenfalls die allermeisten. Doch nun ist der Moment gekommen, an dem nichts mehr undenkbar wird. Und nichts mehr unantastbar bleiben kann. Bundesliga und Champions League, Euro 2020 und jeglicher Regionalsport, Roland Garros und Tour de France und vielleicht sogar Olympia. Dass der Formel-1-GP vom Sonntag in Australien unvermindert ausgetragen werden soll, und zwar vor Publikum, kommentiert Serienweltmeister Lewis Hamilton so: «Ich bin schockiert.»
Recht hat er. Sport ist Unterhaltung, nicht mehr, nicht weniger, obwohl teilweise sehr viel Geld drinsteckt. Doch «nun geht es nicht mehr um Basketball oder darum, wann wir wieder spielen. Sondern um meine Kinder und meine 82-jährige Mutter». Das sagt Mark Cuban, Besitzer der Dallas Mavericks, zum Entscheid der National Basketball Association von letzter Nacht, die Saison zu unterbrechen. Gut möglich, dass sie nicht mehr aufgenommen wird.
Jede Liga und jeder Verband geht anders mit der Pandemie um, oft aus finanziellen Zwängen und Interessen. Klar: Für einige Schweizer Clubs im Eishockey oder Fussball wird oder würde der Abbruch der Saison ruinöses Ausmass annehmen. Aber es ist es nicht wert, mit der Volksgesundheit zu spassen. Zumal sich über kurz oder lang sowieso ein Spieler infizieren wird. Dann ist endgültig fertig lustig. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es einen globalen Superstar trifft. Cristiano Ronaldo? Er ist Teamkollege des infizierten Daniele Rugani und ist zwar schnellstmöglich nach Madeira geflogen, um sich um seine kranke Mutter zu kümmern. Noch vor wenigen Tagen hatte er sich aber in unmittelbarer Nähe zum Italiener umgezogen.

Das Problem ist, dass keine Einheitlichkeit herrscht. Während in der Schweiz Fussball und Eishockey längstens pausieren, können sich die Bundesliga erst seit dieser Woche und die Premier League erst seit heute durchringen, ihre Partien wenigstens ohne Zuschauer auszutragen. Aber auch das nur widerwillig. Läge ihnen wirklich das Wohl der Menschen am Herzen, und sei es nur das ihrer Spieler und weiteren Angestellten, wären sie längst dem Beispiel der Serie A gefolgt.
Stattdessen: Tagelanges Herumeiern, ob nicht doch Publikum zugelassen werden kann. In Deutschland hatte Bundes-Gesundheitsminister Jens Spahn längst Geisterspiele empfohlen, da gab der Präsident von Union Berlin trotzig bekannt, das Heimspiel vom Samstag gegen Bayern München werde natürlich vor Publikum stattfinden. Grund: Für den Aufsteiger ist die Partie gegen den Rekordmeister der Höhepunkt der Saison. Inzwischen wurde Union auch vom Gesundheitsamt in Berlin zurechtgestutzt.
Genauso unverantwortlich das Hin und Her im Fall des Baslers Europa-League-Auswärtsspiels vom Donnerstag bei Eintracht Frankfurt. Während die Schweizer Behörden bereits das Rückspiel von nächster Woche ersatzlos gestrichen hatten, sagten die Frankfurter noch am Mittwoch, selbstverständlich werde im Hinspiel vor Zuschauern gespielt. Und auch hier folgte nur Stunden später die Rückwärtsrolle, verordnet von den Behörden. In den sozialen Medien schäumten die User vor Unverständnis über den Entscheid.
Fussballdeutschland gibt sich dieser Tage wie ein trotziges Kind, dem man das Spielzeug wegnehmen will – derweil im Land die Eishockeyliga wie die Basketballer ihre Saison längst abgebrochen hatten.
Natürlich ist Fussball in Deutschland wichtiger als Eishockey oder Basketball und sind profane Sportanlässe wie Meisterschaftsspiele im Gegensatz zur Schweiz ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Und natürlich ist es bedauerlich, wenn die vielen normalen Angestellten rund um ein Spiel nun um ihren Stundenlohn gebracht werden. Was aber passiert, wenn man selbst Geisterspiele zulässt, war in Paris wie in Mönchengladbach zu beobachten: Beim Champions-League-Spiel zwischen PSG und Dortmund und der Nachtragspartie zwischen Gladbach und Köln feierten Hunderte Heimfans ausserhalb des Stadions – medienwirksam, und selbst ein seriöses Medium wie «L'Equipe» sprang auf und druckte das Foto auf der Titelseite ab.
Feiern in der Masse: in diesen Zeiten eine schlechte Idee. Die Basler Polizei hat ja genau deshalb selbst ein Geisterspiel im St.-Jakob-Park gegen Frankfurt verboten.
Klopp weiss nicht
In England sind derzeit noch nicht einmal Partien ohne Publikum geplant. Denn wie Jürgen Klopp vor ein paar Tagen sagte, auf Spiele seines FC Liverpool ohne Publikum angesprochen: «Ich weiss nicht, ob es viel besser wäre, wenn sich die Leute dann eben an einem öffentlichen Ort treffen, um sich das Spiel gemeinsam am Fernseher anzusehen.»
Nein, wäre es nicht. Besser wäre, es würde gar nicht stattfinden. Also: Man würde dem Beispiel des Schweizer Eishockeys folgen und jeden Wettbewerb abbrechen.
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Fertig lustig
Während einige Ligen den Betrieb einstellen, wollen andere trotz Corona weiterspielen. Das ist unverantwortlich.