Femen stürmen Putins Wahllokal
«Ich stehle für Putin» steht auf den Körpern der Aktivistinnen, die in Moskau demonstrieren. Es wird befürchtet, dass es bei den heutigen Wahlen in Russland zu massiven Fälschungen kommt.
Oben ohne haben drei ukrainische Feministinnen gegen den voraussichtlich nächsten russischen Präsidenten Wladimir Putin protestiert. Die Mitglieder der Bewegung Femen trafen heute in dem Moskauer Wahllokal ein, in dem wenige Minuten zuvor Putin und seine Frau ihre Stimme abgegeben hatten, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete.
Auf Brust und Rücken hatten die jungen Frauen in schwarzen Buchstaben geschrieben «Ich stehle für Putin» und «Kreml-Ratten». Die drei Aktivistinnen riefen «Putin ist ein Dieb!» und versuchten, die Wahlurne mit dem Stimmzettel des amtierenden Regierungschefs zu stehlen. Sie wurden jedoch sofort von der Polizei festgenommen. Die Bewegung Femen ist dafür bekannt, dass ihre Mitglieder barbusig protestieren. Sie setzt sich für Frauenrechte ein und kämpft gegen Korruption sowie wirtschaftliche und soziale Ungleichheit.
Ausschlafen, Sport, dann Wählen
Lange war Wladimir Putins Frau Ljudmila Putina nicht an der Seite des voraussichtlich neuen russischen Staatschefs gesehen worden - bei der Stimmabgabe in Moskau trat das Paar erstmals seit Monaten wieder gemeinsam auf. Putinas Erscheinen könnte ein Zeichen dafür sein, dass sie erneut die Rolle der First Lady des Landes übernehmen will.
Dass sie während Putins Zeit als Regierungschef kaum in der Öffentlichkeit zu sehen war, hatte Gerüchte über eine Trennung des Paares genährt. Putin war 2008 eine Affäre mit der russischen Turn-Olympiasiegerin Alina Kabajewa nachgesagt worden. Die Zeitung, die dies verbreitet hatte, zog ihre Berichterstattung später aber zurück und musste dicht machen.
Bei der Stimmabgabe demonstrierte Putin, der als klarer Favorit galt, Gelassenheit: «Ich habe ausgeschlafen, etwas Sport getrieben und bin dann hierher gekommen», sagte der 59-Jährige an der Seite seiner Frau.
Erste Betrugsvorwürfe
Die regierungskritische Mitte-Links-Partei Jabloko teilte heute auf ihrer Internetseite mit, dass mehrere Wähler in Moskau in zwei Wahllokalen ihre Stimme abgegeben hätten. In Wladiwostok im Osten des Landes hätten Stimmberechtigte bei ihrer Ankunft im Wahllokal dagegen feststellen müssen, dass ihre Wahlzettel bereits ausgefüllt abgegeben worden seien.
Auch die Kommunistische Partei beklagte eine Reihe von Betrugsfällen. Unter anderem hätten ihre Beobachter in einem Wahllokal in der Region Kirow östlich von Moskau gesehen, wie ein Bündel Stimmzettel in eine Urne geworfen worden sei.
Die unabhängige Wahlbeobachtungsorganisation Golos veröffentlichte gemeinsam mit der russischen Ausgabe des US-Magazins «Forbes» im Internet eine interaktive Karte mit Verdachtsfällen. Demnach wurden bis 09.30 MEZ bereits hunderte Verstöße gegen Wahlgesetze gemeldet.
In der Metropole Moskau sowie im Wolgagebiet begann der Wahltag um 5 Uhr. Die letzten der rund 96'000 Wahllokale schliessen an diesem Sonntag um 18 Uhr MEZ in der westlichen Exklave Kaliningrad. Erste aussagekräftige Ergebnisse werden für die Nacht zum Montag erwartet.
50 bis 66 Prozent für Putin
Als Favorit unter den fünf Kandidaten gilt Regierungschef Wladimir Putin, der bereits von 2000 bis 2008 das höchste Staatsamt innehatte. Zwar waren am Tag vor der Abstimmung jede Wahlwerbung und auch die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen verboten. Letzte Meinungsforschungen sahen aber Putin bei 50 bis 66 Prozent der Stimmen.
Kurz vor der Wahl trafen die Behörden letzte Sicherheitsvorkehrungen. Insgesamt 450'000 Soldaten und Polizisten sollen für einen störungsfreien Verlauf der Abstimmung sorgen, wie das Innenministerium in Moskau mitteilte. Zum Schutz vor möglichen Terroranschlägen müssten die Wähler vor allem in Grossstädten durch Metalldetektoren an die Urnen schreiten, hiess es.
Massive Fälschungen befürchtet
Nach einem Streit vor der Präsidentenwahl 2008 werden diesmal wieder Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Wahl begleiten. Vor vier Jahren hatte der Staatenbund seine Mission aus Protest gegen die Wahlumstände abgesagt.
Die Opposition befürchtet in diesem Jahr massive Fälschungen und eine der «schmutzigsten Wahlen» in Russland überhaupt, da es um Putins politische Zukunft gehe.
Gemäss einer Verfassungsänderung dauert eine Amtszeit künftig nicht mehr nur vier, sondern sechs Jahre. Medwedew - bei seinem Amtsantritt mit 42 Jahren der bisher jüngste Kreml-Chef aller Zeiten - verzichtete zugunsten seines 59 Jahre alten politischen Ziehvaters Putin auf eine Kandidatur.
Medwedew soll in einer umstrittenen Rochade künftig das untergeordnete Amt des Regierungschefs antreten. Der Rollentausch wird für Mai erwartet.
SDA/mrs/kle
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