Fall Rickli: Chaostruppe wehrt sich gegen medialen Shitstorm
Unter Androhung von rechtlichen Konsequenzen wandte sich das Rapper-Kollektiv «Chaostruppe» am Montagmorgen an mehrere Schweizer Redaktionen. Sie sehen sich als Opfer einer medialen Hetzjagd.

Vier Männer und eine Frau standen vorletzte Woche vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland, weil sie die Winterthurer SVP-Nationalrätin in einem Song beleidigt hatten. In diesem Lied decken die Musiker Rickli mit Schimpfwörtern ein und fordern sie zu sexuellen Handlungen auf. Die Berner Staatsanwaltschaft verurteilte die Künstler deswegen 2016 mittels Strafbefehl wegen Verleumdung, Beschimpfung und sexueller Belästigung. Die Musiker zogen das Urteil in Folge weiter vor das Regionalgericht.
Dieses gab ihnen teilweise Recht. Nur noch der Tatbestand der Beschimpfung blieb im Urteil übrig. Nach der Berichterstattung des «SonntagsBlick» löste das Urteil einen breiten Aufschrei in der Bevölkerung aus. Die Schweizerische Depeschenagentur (sda) schrieb in einer Meldung, dass die Musiker Rickli zwar «beschimpft und gravierend sexuell belästigt» hätten, das Regionalgericht sie deswegen aber nicht verurteilte. Diese Meldung wurde von fast allen grossen Deutschweizer Publikationen übernommen, unter anderem von dieser Zeitung.
Das Kollektiv war nicht involviert
Diese Formulierung stört die Chaostruppe. Für sie sind die fünf Musiker vom Vorwurf der sexuellen Belästigung freigesprochen. «Wir fordern Sie dazu auf, umgehend gleichwertig prominent platzierte Richtigstellungen Ihrer falschen Behauptungen in allen betroffenen Artikeln und Formaten zu publizieren. Ansonsten behalten wir uns rechtliche Schritte gegen Sie vor», teilen sie per Mail mit.
Fakt ist: Das Urteil wurde von der Berner Staatsanwaltschaft weitergezogen. Es ist entsprechend noch nicht rechtskräftig und der Vorwurf der sexuellen Belästigung steht noch immer im Raum. Für die fünf Musiker besteht aber weiterhin die Unschuldsvermutung.
Weiter beanstandet die Chaostruppe, dass sie in einer zweiten Meldung der «sda» direkt als Urheber des beleidigenden Liedes genannt wurde. Auch diese Meldung wurde von von fast allen grossen Deutschweizer Publikationen übernommen, unter anderem von dieser Zeitung. Diese Aussage ist klar falsch. Fakt ist: Lediglich drei der fünf Angeklagten sind Mitglieder der Chaostruppe. Das Kollektiv als Ganzes war nicht in die Produktion des Songs involviert.
«Beängstigende Menschenbilder»
Trotzdem ist das Rapper-Kollektiv nun in einen medialen Shitstorm geraten und sieht sich öffentlich als «üble Sexisten» angeprangert. «Diese Behauptung ist hinsichtlich unseres künstlerischen Schaffens absurd, da wir uns bekanntlich gegen jegliche Form von Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Herkunft oder ihrer Hautfarbe positionieren», schreibt die Chaostruppe auf einer langen Stellungnahme auf Facebook.
Sie hätten in den letzten Tagen «zahlreiche Drohungen und sonstige Nettigkeiten» per Post, Mail und Soziale Medien erhalten. Diese Meldungen würden zeigen «wie beängstigend tief diskriminierende Menschenbilder in unserer Gesellschaft verankert sind.»
Über das Frauenbild ihrer drei angeklagten Mitglieder will sich die Chaostruppe noch nicht äussern. «Da die Chaostruppe nicht Interpretin oder Produzentin des Songs ist, kann von uns nicht erwartet werden, dass wir erklären, wie wir ihn verstehen und interpretieren. Das wollen wir aber und werden wir auch noch ausführlich tun, sobald der Prozess abgeschlossen ist.»
Ob sie die Persönlichkeitsrechte von Natalie Rickli genau so feurig verteidigen, wie die eigenen, bleibt also noch abzuwarten.
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