Kann Kunst Berge versetzen?«Es ist ein Horrorszenario»
Der Berner Künstler Giuliano Amedeo Tosi präsentiert mit «Schwarze Berge» eine düstere Arbeit zum Thema Klimawandel. Persönlich bleibt er optimistisch.

Giuliano Amedeo Tosi, Sie präsentieren im Kulturmuseum unter dem Titel «Schwarze Berge» Acrylmalerei. Was steckt hinter diesem Konzept?
Auslöser für diese Arbeit war mein Aufenthalt in Italien im letzten Sommer. Es war extrem heiss, 35 bis 40 Grad. Die Po-Ebene war fast ausgetrocknet, es herrschte Dürre. Mein Nachbar, ein 66-jähriger Bauer, hatte zum ersten Mal in seinem Leben Angst, es käme kein Wasser mehr aus seinem Wasserhahn heraus. Es war ein persönliches Erlebnis, bei dem ich hautnah gespürt habe, dass der Klimawandel präsent ist, uns betrifft. Aus dieser Erfahrung heraus habe ich das Konzept «Schwarze Berge» entwickelt. Die gezeigte Malerei besteht aus Bergen, die frei sind von Gletschern und Schnee. Es ist ein Horrorszenario, das eintreffen könnte, wenn wir so weitermachen wie bisher.
Neben der Malerei steht ein Sandstein inmitten des Raumes im Kulturmuseum Bern.
Genau. Für mich stellt dieser Stein, der in einer Ölwanne platziert ist, die Stadt Bern dar. Es ist der gleiche Stein, aus dem die meisten Gebäude in Bern, inklusive des Bundeshauses, gebaut sind. Er ist 25 Millionen Jahre alt und stammt aus dem Steinbruch in Ostermundigen. Gemeinsam mit den mit Acryl gemalten Bergen ergibt der Sandstein ein Konzeptwerk. Bei den Bergen handelt es sich um eine Fantasielandschaft. Es wäre mir zu eindeutig gewesen, Eiger, Mönch und Jungfrau darzustellen. Aber der Bezug zu Bern war mir wichtig.

Sie haben für dieses Projekt den Klimaschutz Schweiz beigezogen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Ich habe ein Konzept entworfen und daraufhin den Klimaschutz Schweiz kontaktiert. Er fand es eine super Idee, weil er auf dem Kanal «Kunst» noch nichts hatte. Mein Projekt stellt für den Klimaschutz Schweiz eine gute Möglichkeit dar, neue Zielgruppen zu erreichen.
Kann Kunst Berge versetzen? Konkret etwas bewirken?
Ich finde, wir sind mit Informationen zum Thema Klimaschutz bereits ziemlich übersättigt. Ähnlich wie bei Corona führt das mit der Zeit zu einer Art Abstumpfung. Ich denke, dass die Kunst ein Medium ist, das einen anderen Zugang zu einem Thema möglich macht. Man hat ein visuelles Erlebnis anstelle einer trockenen Information. Man kann damit Leute auf eine andere Art und Weise erreichen. Gleichzeitig ist ein theoretischer Überbau in meiner Arbeit wichtig. An der Eröffnung wird Myriam Roth, Co-Präsidentin des Vereins Klimaschutz Schweiz, über den Inhalt der Gletscherinitiative sprechen, und am 16. März wird Thomas Stocker ein Referat über den Klimawandel aus wissenschaftlicher Sicht halten und einen Ausblick bis ins Jahr 2100 liefern.
Manche Leute sagen, es sei schon zu spät, um das Steuer noch herumzureissen. Wie blicken Sie selbst in die Zukunft?
Ich bin positiv eingestellt. Ich denke, die Durchschnittsbürgerinnen und -bürger haben begriffen, dass der Klimawandel real ist. Wenn die Politik die Anliegen aufnimmt und entsprechende Gesetze umsetzt, können wir dem Klimawandel etwas entgegensetzen. Wir sind sicher spät dran, aber wenn wir jetzt etwas unternehmen, können wir etwas zum Guten verändern.
Kulturmuseum Bern, Schützenweg 22. Vernissage: Donnerstag, 2. März, 18–21 Uhr. Öffnungszeiten: Do, Fr, Sa, 14–18 Uhr. Ausstellung bis 1. April.
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