Berner Bassist Daniel Schläppi«Es fühlt sich grossartig an, die Angst zu verlieren»
Das Duo-Format als Feuerprobe und das Zuhören als Liebesbeweis: Der resolute Jazzbassist Daniel Schläppi spricht über seine Arbeit mit dem grossen US-Pianisten Marc Copland.

Daniel Schläppi, Sie spielen seit 2010 mit dem grossartigen US-Pianisten Marc Copland im Duo. Wie würden Sie Ihre Beziehung beschreiben? Kollegialität? Freundschaft? Gar Liebe?
Kollegialität und Freundschaft. Liebe ist etwas anderes. Wenn, dann verbindet uns die Liebe zur Musik.
Im richtigen Leben gibt es Liebe auf den ersten Blick. Wie ist das, wenn sich zwei Jazzmusiker zum Duett finden?
Man kann mit Musikerinnen und Musikern ein halbes Leben lang proben und findet nie wirklich zusammen. Und dann gibt es solche Begegnungen, da ist nach drei bis fünf Sekunden klar, dass es funktioniert. Mit Marc Copland war das so. Unsere Musik funktioniert über das Zuhören. Wir werden immer wieder gefragt, wie wir das machen, weil wir uns während eines Konzerts nie anschauen. Wir sind in einem Trancezustand, in dem wir über das Gehör miteinander interagieren. Wenn, dann könnte man also sagen: Es war Liebe auf den ersten Ton.
Was mögen Sie an Coplands Art, Musik zu machen?
Seine Aufmerksamkeit für sein Gegenüber. Das Tolle ist, dass mit ihm bei jedem Konzert immer wieder etwas Neues entsteht. Wir spielen nie dasselbe Set. Wir haben häufig nicht einmal eine Setliste. Alles ist ergebnisoffen. Es fühlt sich grossartig an, wenn man die Angst vor dem Kontrollverlust verliert. Und das passiert mir im Zusammenspiel mit Marc regelmässig.
Sie sind fast schon ein Experte in Sachen Duo-Format, spielen auch oft zu zweit mit dem Gitarristen Tomas Sauter. Was mögen Sie am Duo?
In einer grösseren Formation ist der Bass so etwas wie der Motor und hat kaum Gestaltungsspielräume. Vielmehr muss er banddienlich bestimmte Aufgaben erfüllen. Im Duo gibt es keine vorgegebene Funktion mehr. Man ist ein gleichwertiger Dialogpartner und geniesst alle Freiheiten. Zu Beginn ist das eine grosse Herausforderung und kann sehr beunruhigend sein. Wenn man dann aber Sicherheit gewinnt, ist es schlicht wunderbar. Das Duo ist die Nagelprobe des Jazz, wenn man ihn als Momentkunst versteht und lebt.
Von Ihren Duo-Aufnahmen geht eine Art Seelenruhe aus. Ist es das, was Sie im Jazz suchen?
Ich habe keine Botschaft, und Jazz ist für mich auch nicht therapeutisch. Mit Musik lassen sich auch keine politischen Haltungen vermitteln. Unsere Form des Jazz ist einfach das, was mir am meisten Freude macht. Es geht darum, die Leute zu berühren. Sie sollen etwas emotional erleben. Der Klang ist der Türöffner zur Seele. Unsere Musik können auch Menschen hören und geniessen, die nichts von Jazz verstehen, und das sollte das Ziel sein.
«Manchmal habe ich das Gefühl, gewisse Musikerinnen und Musiker wollen nur ihre Zirkusnummer vorführen.»
Das klingt, als wäre das nicht immer der Fall?
Heute liegt der Fokus häufig auf hochkomplexen Kompositionen, auf technischen Fertigkeiten, auf Virtuosität. Manchmal habe ich das Gefühl, gewisse Musikerinnen und Musiker wollen nur ihre Zirkusnummer vorführen. Das ist schade und schreckt viele ab.
Sie haben wiederholt am «Bund»-Essay-Wettbewerb teilgenommen. Was gibt Ihnen das Schreiben, was Sie im Bassspiel nicht finden?
Schreiben und Musikmachen sind völlig unterschiedliche Artikulationsformen. Ich brauche beides. Musik entsteht aus dem Moment heraus, wird gespielt und ist dann verklungen und nicht mehr korrigierbar. Es ist, wie es ist. Beim Schreiben ist es genau umgekehrt. Es geht darum, zuerst Informationen zu sammeln, dann eine Rohfassung zu erstellen und danach den Text so lange zu überarbeiten, bis er auf den Punkt gekommen ist. Beim Essay-Wettbewerb mache ich nur mit, wenn mich ein Thema anspringt. Ich bin kein Literat, sondern Historiker. Im Schreiben setze ich mich mit der real existierenden Welt auseinander. Eine Gemeinsamkeit haben die beiden Ausdrucksformen: Man kann beides nur gut machen, wenn man vorher viel Arbeit investiert hat. Man muss sich Fähigkeiten aneignen und sie perfektionieren.
Be-Jazz Club, Bern, Donnerstag, 2. Februar, 20.30 Uhr
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