Fantoche FilmfestivalEs fing in Genf an und führte nach Hollywood
Von bescheidenen Anfängen zur Oscarverleihung: Das Animationsfilmfestival Fantoche blickt zurück auf hundert Jahre Trickfilm in der Schweiz.

Monsieur Vieux Bois verliebt sich in eine Frau, die allerdings nichts von ihm wissen will. Verzweifelt versucht er, sich selbst mit dem Degen zu erstechen – trifft aber daneben. Auch das Erhängen klappt nicht, denn das Seil ist viel zu lang.
«Histoire de M. Vieux Bois» basiert auf einer Geschichte des Comic-Pioniers Rodolphe Töpffer, zwei Genfer haben die Verfilmung 1921 finanziert. «Das gilt offiziell als erster Schweizer Animationsfilm», sagt Monica Stadler. «Auch wenn der Auftrag in einem Atelier in Paris umgesetzt wurde.» Stadler ist die Geschäftsleiterin des Groupement Suisse du Film d’Animation (GSFA), des Berufsverbands der Animationsfilmschaffenden. Die Organisation hat ein Jubiläumsprogramm zu «100 Jahren Schweizer Animationsfilm» zusammengestellt; am Festival Fantoche in Baden ist eine Vorschau zu sehen. Es zeigt den langen Weg, den das Medium hinter sich hat.
Seinerzeit hatte «Histoire de M. Vieux Bois» keinen durchschlagenden Erfolg, und die kommenden Jahrzehnte produzierte die Schweiz Trickfilme fast nur für die Werbung. Erst in den Sechzigern nahm die Sache Fahrt auf. «Wesentlich dafür war die Gründung des Festival d’Animation Annecy 1960», so Stadler. «Es war das erste internationale Festival explizit für den Animationsfilm.» Und das nicht weit von Genf. In der Folge wurde in der Schweiz die erste Generation von Animationskünstlern aktiv. Diese gründeten 1968 die GSFA. Schon ab 1971 organisierte der Verband einen Zeichentrick-Wettbewerb an den Solothurner Filmtagen.
In den Achtzigern produzierte das Schweizer Fernsehen mit «Pingu» einen Welterfolg, 1995 erhielt die Schweiz mit dem Fantoche ihr eigenes Animationsfilmfestival, seit 2003 gibts an der Hochschule Luzern (HSLU) einen Studiengang in Animation. «In den letzten zehn Jahren hat die einheimische Produktion stark zugenommen, was sicher mit der Professionalisierung des Sektors zu tun hat», sagt Stadler.
Neben animierten Kurzfilmen werden immer mehr Langfilme produziert, und das mit zunehmendem Erfolg. «Ma vie de Courgette» von Claude Barras wurde 2017 gar für einen Oscar nominiert. Zwar ist der Schweizer Markt nach wie vor zu klein, um allein lange Animationsfilme zu produzieren. Ohne internationale Koproduktionen gehts nicht. «Momentan sind aber mehrere grosse Projekte in Arbeit», sagt Monica Stadler. «Zum Beispiel ‹Sauvages!›, der neue Film von Barras, zu dem es am Fantoche eine Vorschau gibt.»
Di 7.9. bis So 12.9., Baden, diverse Orte, fantoche.ch
«GSFA-Special»: Mi 8.9., 11 Uhr, Trafo 3. Do 9.9., 18.30 Uhr, Orient. So 12.9., 14 Uhr, Trafo 3
«100 Jahre Schweizer Animationsfilm»: So 19.9., ab 16.30 Uhr, Xenix
Eine Übersicht über die Schweizer Animationsfilm-Szene gibts auf animation.ch
Weitere Highlights
Coming Soon: «Sauvages!»
Mit «Ma vie de Courgette» feierte Claude Barras internationale Erfolge, inzwischen arbeitet er an seinem nächsten Spielfilm. Am Fantoche gibt er eine Vorschau auf das Projekt.
Mi 8.9., 14.45 Uhr, Sterk 1
Junk Head
Sieben Jahre arbeitete Takahide Hori an diesem Film, ohne vorhergehende Erfahrung und über weite Strecken allein. Herausgekommen ist ein postapokalyptischer, grotesker Puppenfilm.
Mi 8.9., 22.30 Uhr, Trafo 3. Fr 10.9., 22.45 Uhr, Trafo 2
Bubble Bath
Dieses Jahr liegt der Länderfokus auf Ungarn. Dort kam 1979 «Bubble Bath» heraus, die psychedelische Geschichte einer Dreiecksbeziehung in Budapest.
Mi 8.9., 21.15 Uhr, Sterk 1. Sa 11.9., 22.30 Uhr, Sterk 1
Panel: Frauen im Schweizer Animationsfilm
Im Schweizer Animationsfilm erhielten Frauen erst spät die Möglichkeit, ein eigenes Werk zu entwickeln. Drei Filmemacherinnen aus drei Generationen untersuchen in dieser Podiumsdiskussion, woran das liegt.
Do 9.9., 16 Uhr, Rampe
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