«Es darf nicht sein, dass sich die CS derart hohe Boni ausschüttet»
Vincent Kaufmann, Direktor der Ethos-Stiftung für nachhaltige Anlagen, kritisiert die Boni der Credit Suisse und die Sprunghaftigkeit des Verwaltungsrats bei strategischen Entscheiden.

Herr Kaufmann, die CS-Aktionäre haben die Vergütungen für das Topmanagement nur einer vergleichsweise knappen Mehrheit genehmigt. War das ein Denkzettel für die CS-Spitze?
Vincent Kaufmann: Ja, eindeutig. Das zeigt vor allem eines: Wenn die Geschäftsleitung die Boni nicht noch knapp vor der Generalversammlung gekürzt hätte, wären sie abgelehnt worden. Dann wären die Boni ganz weggefallen, was für den Verwaltungsrat eine schwere Niederlage gewesen wäre. Aber die variablen Vergütungen sind immer noch zu hoch. Es darf einfach nicht sein, dass sich die Credit Suisse nach einem schlechten Geschäftsabschluss und einem so schlechten Aktienkurs derart hohe Boni ausschüttet.
Sie kritisierten in Ihrem Votum an der GV auch die kürzlich angekündigte Kapitalerhöhung. Weshalb?
Die CS hat im vergangenen Jahr 2,7 Milliarden Franken Verlust geschrieben. Trotzdem zahlt sie nun ans Management zum vertraglich fixierten Lohn zusätzlich variable Vergütungen in Höhe von 3 Milliarden Franken aus. Gleichzeitig will sie das Aktienkapital um 4 Milliarden Franken erhöhen. Ein Grossteil der Kapitalerhöhung wird also dazu verwendet, die Boni zu finanzieren. Oder anders gesagt: Ohne Boni hätte die CS auf den grössten Teil der Kapitalerhöhung verzichten können.
Die Aktionärsversammlung hat Ja gesagt zur Dividendenausschüttung. Sie lehnen auch diese ab. Warum?
Es widerspricht jeglicher ökonomischen Logik, bei schlechtem Geschäftsgang auch noch eine Dividende auszuzahlen. Mit dieser Belohnung verfolgt der Verwaltungsrat offenbar die Absicht, die Aktionäre ruhigzustellen, damit sie unter anderem bei den Boni einlenken.
Weshalb forderten Sie die Abwahl von Verwaltungsratspräsident Urs Rohner?
Als langfristige Investoren haben wir das Vertrauen in ihn verloren. Urs Rohner ist schon seit 2004 in der CS-Geschäftsleitung und steht deshalb auch in der Verantwortung für die grossen Verluste im Zusammenhang mit den umstrittenen US-Geschäften. Zudem wechselt er seine Strategie oft und schon nach kurzer Zeit. So unterstützte er zum Beispiel das Ziel eines starken Investmentbankings – jetzt soll es deutlich verkleinert werden. Sehr kurzfristig beschloss der Verwaltungsrat, auf einen Börsengang des Schweizer Geschäfts zu verzichten und stattdessen das Aktienkapital zu erhöhen. Eine solche Sprunghaftigkeit schafft kein Vertrauen, sondern erweckt im Gegenteil den Eindruck, dass der Verwaltungsrat unter grossem Druck steht. Deshalb glaube ich, dass eine Veränderung im Verwaltungsrat sinnvoll gewesen wäre.
Wie haben Sie die Aktion von Greenpeace erlebt?
Die CS finanziert Unternehmen, die in der umstrittenen Ölpipeline in Nordamerika involviert sind. Hier vermisse ich von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung die Bereitschaft, das eigene Engagement kritisch zu hinterfragen. Bei diesem Projekt werden unter anderem negative Folgen für das Trinkwasser und die dort lebenden Indianer befürchtet. Greenpeace gelang mit diesem Auftritt trotz Sicherheitsvorkehrungen eine überraschende Aktion. Schon an einer GV von Nestlé hat Greenpeace übrigens mal eine ähnliche Aktion durchgeführt. Damals ging es um Palmöl.
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