Es braucht 5650 neue Asylplätze im Kanton Bern
Bis Ende August müssen über 5600 neue Asylplätze entstehen – zusätzlich zu den aktuell 3700 Plätzen. Nun ist klar, wie die Plätze auf die Regionen verteilt werden.

Unlängst informierte die kantonale Polizeidirektion darüber, dass die Gemeinden insgesamt 5650 zusätzliche Asylplätze schaffen müssen. Mit den aktuell 3700 Plätzen würde der Kanton dann über mehr als 9300 Unterbringungsmöglichkeiten in Asylzentren und Wohnungen verfügen. Federführend bei der Suche nach Unterkünften sind die Regierungsstatthalter. Offen blieb indes, wo konkret die neuen Unterkünfte entstehen sollen.
Kurz vor den Sommerferien lässt Philippe Chételat (SP), Vorsitzender der Geschäftsleitung der bernischen Regierungsstatthalter, die Katze aus dem Sack. Er erklärt auf Anfrage, in welcher Grössenordnung die Regionen zusätzliche Asylbewerber aufnehmen müssten. Er zitiert dazu einen Regierungsratsbeschluss vom 1. Juni.
Darin ist aufgelistet, wie viele Plätze – prozentual zur Bevölkerung – in jedem der zehn Verwaltungskreise entstehen müssen: Bern-Mittelland 2100, Thun 940, Emmental 600, Biel 550, Oberaargau 420, Seeland 400, Interlaken-Oberhasli 260, Obersimmental-Saanen 150, Frutigen-Niedersimmental 130 und Berner Jura 100.
«Ziel ist die faire Verteilung»
Noch ist weitgehend unklar, wie die Asylbewerber auf die einzelnen Gemeinden verteilt werden (siehe Box). «Dafür gibt es keinen mathematischen Schlüssel», sagt Chételat. «Das Ziel ist, die Plätze möglichst fair und unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl einer Gemeinde zu verteilen.» Chételat räumt ein, dass das Ziel ambitioniert ist, die Plätze bis Ende August zu evaluieren. Wegen der Sommerferien werde dies wohl nicht überall gelingen. Die Gemeinden würden sich zwar loyal verhalten. «Ihre Begeisterung hält sich jedoch in Grenzen.»
Vor allem die Stadt Biel dürfte sich mit der Eröffnung neuer Asylzentren schwertun. Als Massnahme gegen die hohe Sozialhilfequote schloss die Stadt 2014 zwei von drei Unterkünften. Chételat, der als Regierungsstatthalter für Biel zuständig ist, will sich nicht näher dazu äussern und sagt nur: «Mit Biel führen wir Gespräche.»
«Das ist eine Herkulesaufgabe»
Der Verwaltungskreis Bern-Mittelland ist mit Abstand der grösste im Kanton. Folglich sind die 85 Gemeinden dort bei der Unterbringung von Asylsuchenden stark gefordert. 2100 Plätze muss Regierungsstatthalter Christoph Lerch (SP) zusammen mit den Gemeinden bis Ende August finden. «Das ist eine Herkulesaufgabe. Aber wir sind zuversichtlich gestartet und werden uns voll engagieren», sagt Lerch. Die Suche ist bereits im Gange. In einer Umfrage mussten alle 85 Gemeinden ihre Räumlichkeiten melden, die als Asylunterkünfte infrage kommen. Nächste Woche wird die Umfrage ausgewertet. Sie dient als Grundlage für den Findungsprozess.
Nach aktueller Hochrechnung des Kantons müsste der Verwaltungskreis Emmental 600 zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen. Wie die stellvertretende Regierungsstatthalterin Claudia Rindlisbacher sagt, sei es das Ziel, mit den Gemeinden einen fairen Verteilschlüssel auszuarbeiten. Am Dienstag finde dazu ein Treffen mit den Gemeindepräsidenten statt.
Im Verwaltungskreis Interlaken-Oberhasli haben laut dem stellvertretenden Regierungsstatthalter Sandro Wegmüller drei runde Tische – auf dem Bödeli, ob dem Brienzersee und im Haslital sowie in den Lütschinentälern – stattgefunden. «Es gibt Objekte, die wir vertieft prüfen», sagt er, ohne weiter ins Detail zu gehen. Er sei zuversichtlich, dass die nötigen 260 Plätze in der geforderten Frist bereitstehen würden.
«Wir haben alle Gemeinden im Verwaltungskreis Thun angeschrieben mit der Bitte, uns Liegenschaften zu melden, die für die 900 Plätze infrage kommen könnten», sagt Regierungsstatthalter Marc Fritschi. Eine erste Triage-Runde soll bereits nächste Woche starten.
Auch nächste Woche bespricht Michael Teuscher, Regierungsstatthalter im Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen, das Geschäft mit den Gemeinderatspräsidenten. Er ist skeptisch, dass Anlagen gefunden werden, die bis zu 150 Personen, die in der Region untergebracht werden sollen, fassen können. Eine Möglichkeit wäre die Truppenunterkunft in Boltigen. «Wir wissen aber nicht, welche Pläne der Bund dort hat», so Teuscher. Er weist darauf hin, dass Boltigen dem Kanton bereits zweimal mit einer Unterkunft auf dem Jaunpass geholfen hat.
Für Ariane Notaris, stellvertretende Regierungsstatthalterin im Verwaltungskreis Frutigen-Niedersimmental, dagegen ist die Suche nach Flüchtlingsunterkünften eine Daueraufgabe. «Wir sind laufend in Kontakt mit Gemeinden, aber auch mit den zuständigen Stellen beim Migrationsdienst, um mögliche Standorte und Anlagen auf ihre Tauglichkeit zu prüfen.»
Die Seeländer Regierungsstatthalterin Franziska Steck (SVP) sagt, es sei zu früh, von konkreten Standorten zu sprechen. Generell eigneten sich grössere Gemeinden eher für grössere Unterkünfte und kleinere für einzelne Wohnungen. «Wir haben unsere Gemeinden entsprechend informiert.»
Konkreter wird ihr Kollege Jean-Philippe Marti (SP) im Verwaltungskreis Berner Jura: «Wir prüfen ein ehemaliges Fabrikgebäude in Moutier.» Marti verweist auf die hohe Bereitschaft «seiner Gemeinden», Asylbewerber aufzunehmen. So beherberge etwa Tramelan 100 Personen mehr, als es eigentlich müsste. «Wir sind in dieser Hinsicht sicher nicht der Klassenschlechteste.»
Beim Regierungsstatthalteramt Oberaargau will man sich derzeit nicht dazu äussern, wie die Plätze verteilt werden sollen.
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