Erstwohnungs-Zonen nicht überflüssig
Für bernische Gemeinden kann es auch nach der Annahme der Zweitwohnungsinitiative Sinn machen, zum Schutz von Wohnraum für Einheimische Zonen mit einem Pflichtanteil an Erstwohnungen auszuscheiden.

In seinem am Montag veröffentlichten Urteil zu einer Zone mit Erstwohnungsanteil in Zweisimmen schreibt das Gericht, in einer Gemeinde wie Zweisimmen seien solche Mindest-Erstwohnungsanteilszonen zwar deutlich weniger wichtig als früher.
Die in einem eigenen Artikel des bernischen Baugesetzes formulierten Bestimmungen widersprächen aber der vom Schweizer Volk angenommenen Zweitwohnungsinitiative nicht.
Wohnzonen zum Schutz von Wohnraum für Einheimische seien deshalb nicht überflüssig, weil sich die Zweitwohnungsinitiative nach der Auslegung des Bundesgerichts gegen «kalte Betten» richte, nicht aber gegen Angebote der Parahotellerie.
«Mit Blick auf solche Zweitwohnungen kommt einem kommunalen Erstwohnungsanteil nach wie vor eigenständige Bedeutung zu, indem er deren Bewilligungsfähigkeit im Umfang des Erstwohnungsanteils beschränkt».
In Zweisimmen übersteigt laut dem Urteil der Zweitwohnungsanteil die Schwelle von 20 Prozent, ab welcher der Bau von neuen, privat genutzten Zweitwohnungen nicht mehr bewilligt werden darf.
Beschwerde gegen Ortsplanungsrevision
Im Urteil des Verwaltungsgerichts geht es um eine Beschwerde von Privatpersonen gegen die Ortsplanungsrevision der Gemeinde Zweisimmen. Sie schied im Rahmen dieser Revision Gebiete aus, in denen bei Neubauten 30 Prozent der Bruttogeschossfläche als Wohnungen für die ortsansässige Bevölkerung vorzusehen sind.
Die Beschwerdeführer machten geltend, nach Annahme der Zweitwohnungsinitiative sei der vorgeschriebene Erstwohnungsanteil für ihre Parzellen gesetzeswidrig und gegenstandslos geworden. Ihre Parzellen befinden sich in einer von der Gemeinde Zweisimmen zu einem Gebiet mit Mindest-Erstwohnungsanteil erklärten Zone.
Rüffel an Gemeinde Zweisimmen
Obwohl das Verwaltungsgericht nun also festhält, dass eine Gemeinde wie Zweisimmen solche Zonen ausscheiden kann, hat es die Beschwerde der Privatpersonen gegen die Ortsplanungsrevision gutgeheissen und rügt die Gemeinde mit deutlichen Worten.
Zweisimmen fehle es nämlich an einem klaren touristischen Entwicklungskonzept, heisst es im Urteil, und auch ein «nachvollziehbares planerisches Gesamtkonzept» zur Sicherung eines Mindestanteils an zentral gelegenen Erstwohnungen gebe es nicht. Von «gravierenden Mängeln der kommunalen Planung» ist die Rede.
Die punktuelle Ausscheidung von zwei Erstwohnungsanteilsgebieten unter Ausklammerung aller übrigen unüberbauten und insbesondere der bereits überbauten Dorfteile stütze sich nicht auf eine umfassende Interessenabwägung, schreibt das Gericht.
Diese Ausscheidung werde «wenn überhaupt» nur marginal beitragen, Erstwohnungen im Dorfzentrum zu sichern. Insofern führe die Ortsplanungsrevision zu einem rechtswidrigen Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführer.
Das Verwaltungsgericht hat deshalb die Beschwerde der Privatpersonen gutgeheissen und die Genehmigung der Ortsplanung durch das kantonale Amt für Gemeinden und Raumordnung von 2011 aufgehoben. Die Gemeinde Zweisimmen muss nun nochmals die vom Kanton schon früher formulierte Aufgabe anpacken, zusätzliche planerische Massnahmen für eine ausgewogene Entwicklung von Erst- und Zweitwohnungen zu treffen.
Zweisimmen ist eine von dreizehn bernischen Gemeinden, denen der Kanton als Folge eines neuen Massnahmenblatts des kantonalen Richtplans den Auftrag gab, diesbezüglich aktiv zu werden.
SDA/mas
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