Erst Gast – dann Übeltäter
Bern hat einen burmesischen General empfangen, der mitverantwortlich am Massaker an den Rohingya sein soll.

«We will destroy everything». So heisst der Bericht, den Amnesty International diese Woche publiziert hat und der die Hauptverdächtigen im Massaker an der muslimischen Minderheit in Burma benennt. Unter ihnen auch General Soe Win, Nummer zwei der burmesischen Streitkräfte, der im Herbst 2017 vom schweizerischen Aussendepartement empfangen wurde. «We will destroy everything» – das soll laut dem Amnesty-Bericht ein Armeeoffizier gegenüber einem Dorfbewohner in der betroffenen Provinz Rakhine gesagt haben: Man habe die Anweisung, alles niederzubrennen, falls es Unruhen geben sollte.
Die Unruhen begannen im August 2017. Die muslimischen Rohingya haben im buddhistischen Burma weniger Rechte und sind noch stärker von Armut betroffen als der Rest der Bevölkerung. Es handle sich «de facto um ein Apartheid-System», sagt Amnesty-Sprecher Beat Gerber. Auf den Angriff einer Rebellengruppe der Rohingya gegen burmesische Sicherheitskräfte reagierte die Armee im vergangenen Herbst mit brutaler Repression. Hunderte kamen uns Leben, Hunderttausende flüchteten ins benachbarte Bangladesh. Das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte sprach von «ethnischer Säuberung».
«Reiseprogramm angepasst»
Diese Unruhen hielten das schweizerische Aussendepartement (EDA) nicht davon ab, General Soe Win, Stellvertreter des Oberkommandanten der burmesischen Streitkräfte, und weitere fünf Armeeangehörige, im Oktober 2017 in Bern zu empfangen. Ein EDA-Sprecher sagte damals auf Anfrage, man habe immerhin das Reiseprogramm angepasst, um die Gesprächspartner daran zu erinnern, «dass die Schweiz die bewaffnete Gewalt verurteilt und es Aufgabe jedes Staates ist, Menschenrechtsverletzungen zuvorzukommen».
Von sich aus hätte das Aussendepartement aber nicht informiert. Es war die staatliche Nachrichtenagentur in Myanmar, welche darüber berichtete. Ihr zufolge traf die burmesische Delegation den Schweizer Botschafter Paul Seger, Botschaftsmitarbeiterin Carine Carey sowie Heidi Grau, Chefin der EDA-Abteilung Menschliche Sicherheit. Ebenfalls gab es laut der Nachrichtenagentur Gespräche mit dem IKRK in Genf. Das EDA bestätigt, dass die vom Vizearmee-Chef Soe Win geleitete sechsköpfige Delegation vom 16. bis 21. Oktober in der Schweiz weilte. Es hätten Treffen mit Stellen der Bundesverwaltung und externen Experten zu den Themen Völkerrecht, Friedenspolitik, Demokratisierung und Föderalismus stattgefunden.
Auf 200 Seiten dokumentiert
Dieser Empfang sei ein Fehler gewesen, sagt Beat Gerber, Sprecher bei Amnesty International. Die EU hatte zur selben Zeit aufgrund der Krise in Myanmar alle Besuche von burmesischen Militärvertretern suspendiert. Es zeige sich nun, dass der Leiter der Delegation persönlich verdächtigt werde, die Massaker an den Rohingya mitverantwortet zu haben. «Es gab schon im letzten Herbst ausreichend Hinweise darauf. Jetzt ist die Mitverantwortung dokumentiert.»
Amnesty hat während neun Monaten rund 400 Interviews vor Ort geführt sowie Beweismaterial gesammelt in Form von Videos, Bildern, Waffenanalysen und forensischen Berichten. Der am Mittwoch publizierte Bericht umfasst rund 200 Seiten. Auch die Gewaltakte durch die Rebellengruppe Arakan Rohingya Salvation Army sind dokumentiert. Bei den Angriffen der Aufständischen, die den Vergeltungsaktionen vorangingen, wurden zahlreiche Menschen getötet oder entführt. Etwa, weil sie als mutmassliche Informanten galten.
Internationaler Gerichtshof machtlos
Amnesty fordert, dass die Verbrechen gegen die Rohingya, «einschliesslich Mord, Vergewaltigung, Folter, dem Niederbrennen und Aushungern ganzer Dörfer», dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) vorgelegt werden. Zehn Angehörige der Armee und drei Offiziere der Grenzschutzpolizei werden im Bericht als Hauptverantwortliche bezeichnet. Eine Anklage vor dem ICC ist allerdings schwierig, denn Burma ist nicht Mitglied des Gerichtshofs. Laut einem Bericht der NZZ prüfen die Ankläger des ICC nun eine Klage in Bangladesh, wohin die Minderheit geflohen ist, um die Verbrechen aufzuarbeiten.
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