Milliarden DNA-Sequenzen analysiertZwei Drittel der Tiefsee-Wesen können keiner Gruppe zugeordnet werden
Bis in mehr als 9000 Meter Tiefe haben Forscher Lebewesen untersucht, die sich von Meeresschnee ernähren. Viele der Arten sind durch Mensch und Klimawandel bedroht.
Erst ein Drittel der in der Tiefsee lebenden Organismen sind bekannt. Fast zwei Drittel können hingegen keiner bislang bekannten Gruppe zugeordnet werden, wie ein internationales Forschungsteam unter Co-Leitung der Universität Genf unter Berufung auf eine Auswertung von zwei Milliarden DNA-Sequenzen herausgefunden hat.
Die Forschenden analysierten DNA-Sequenzen aus Tiefseesedimenten aller grossen Ozeanbecken und griffen dabei auf fast 1700 Proben von 15 internationalen Tiefseeexpeditionen zurück. Die Ergebnisse erschienen im Fachmagazin «Science Advances».
Eine Vielzahl verschiedener Organismen sorgt in Tiefen von bis zu 9585 Metern dafür, absinkende, meist von Plankton stammende organische und anorganische Stoffe zu recyceln oder zu binden. Das Leben auf den Tiefseeböden sei Grundlage für «das gesunde Funktionieren der Nahrungsnetze in den Ozeanen und das Binden von atmosphärischem Kohlenstoff», liess sich Mitautorin Angelika Brandt in einer Mitteilung des Senckenberg Forschungsinstituts zitieren. «Beides beeinflusst unser Weltklima entscheidend.»
Die Häufigkeit und die Zusammensetzung der für die Studie analysierten Plankton-DNA in Tiefseesedimenten bestätigt demnach, dass die Polarregionen als Hotspots der Kohlenstoffbindung fungieren.
«Es ist wichtig, das zu verstehen und dann auch entsprechende Schutzmassnahmen ergreifen zu können», erklärte Brandt. «Denn das Ökosystem Tiefsee steht, verursacht durch den Menschen, unter enormem Druck – Klimawandel, Tiefsee-Bergbau, Öl- und Gasexploration, Schleppnetze sowie Verschmutzung bedrohen das Leben in den Tiefen des Meeres.»
Meeresschnee und Schwarze Raucher
Zu den bekannteren Arten, die auch für den Verzehr gejagt werden, gehören die Seeteufel, von denen der Anglerfisch wohl der bekannteste ist. Die Armflosser haben unterschiedliche Arten entwickelt, sich fortzubewegen. So saugen einige von ihnen Wasser durchs Maul ein und stossen es mit hohem Druck durch die Kiemen nach hinten aus – eine Art Düsenantrieb. Manche Arten können mit ihren Flossen gehen oder sich an Felsen festhalten. Auch ihre Fähigkeit zur Tarnung und Mimikry machen die Tiere wohl für viele so faszinierend. Der Anglerfisch mimt etwa ein Beutetier seiner eigenen Beute, indem er einen angewachsenen Köder an der «Angel» an seinem Kopf in der Art bewegt, in der sich das gemimte Tier fortbewegt.
Meeresschnee besteht aus Ausscheidungen von Milliarden von Krebstieren, etwa Krill, die an der Meeresoberfläche Plankton fressen. Die Ausscheidungen sinken zusammen mit Pflanzenresten als Partikelstrom nach unten. Selbst in grossen Tiefen werden so Lebewesen am Meeresboden mit Nahrung versorgt. Diese wiederum bilden die Grundlage für die Nahrung grösserer Tiefseebewohner, wie etwa des Geisterhais. Manchmal gerät der Meeresschnee durch Auftrieb wieder an die Oberfläche und kann dort Algenblüten auslösen.
Als buchstäbliche Hotspots des Lebens fern ab von Sonnenlicht bekannt sind hydrothermale Schlote. Diese Schwarzen Raucher wachsen vom Meeresboden empor. Aus ihnen strömt heisses Wasser, das im Untergrund von Magma erhitzt wurde. Darin gelöst sind Mineralien – wodurch Oasen höchst spezialisierten Lebens entstehen. So bevölkern etwa Krabben die ewige Dunkelheit am Mittelatlantischen Rücken oder in den Tiefen des Antarktischen Ozeans.
SDA/oli
Fehler gefunden?Jetzt melden.