Die absolut verunglückte Hinrichtungsmetapher aus der «Megafon»-Redaktion der Reitschule zieht immer weitere Kreise. Jetzt mischt auch noch der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried mit. In einem am Freitag verschickten Tweet bewertet er im Sinne eines selbst ernannten Schiedsrichters die Reaktion der «Megafon»-Macher auf die Ankündigung einer Klage durch Tamedia. «1:0», twitterte von Graffenried an seine dreieinhalbtausend Follower. Sofort wurde sein Statement weitergeleitet und gelikt. Der Tweet ist brisant.
Der Stadtpräsident hat das Guillotinierungsbild der Reitschüler in der Presse bisher nicht unmissverständlich verurteilt. In der «Weltwoche» duckte er sich weg. «Über Geschmack lässt sich gut streiten», lautete sein zögerliches Statement zum Bild einer geköpften Journalistin.
Von Graffenried hat mit seiner Stellungnahme via Social Media die Gelegenheit verpasst, Klartext zu sprechen und das Vorgehen der Reitschüler ohne Zweifel zu missbilligen. Vielmehr erklärt er sie jetzt zu den moralischen Siegern und spendiert Applaus. Das ist bedenklich für einen Stadtpräsidenten.
Social Media ist nicht geeignet für differenzierte Debatten. Das weiss von Graffenried bestens. Sein flapsiger Resultate-Tweet in Zusammenhang mit einem Hinrichtungsbild kommt beim Publikum als öffentliche Verharmlosung desselben an. Der Stapi legitimiert auf Twitter eine üble Grenzüberschreitung.
Berns Stapi brüstet sich gern als Brückenbauer und Kommunikator. Mit seiner jüngsten Aktion hat er vor allem Öl ins Feuer einer enorm aufgeheizten Debatte um den Schutz von Medienschaffenden gegossen. Von Graffenried sollte künftig vor dem Twittern denken.
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Tamedia gegen «Megafon» – Erst denken, dann twittern
Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried legitimiert auf Twitter eine üble Grenzüberschreitung. Der Kommentar von BZ-Chefredaktor Simon Bärtschi.