Demo gegen CoronamassnahmenKessel am Bahnhofplatz – Kontrollen bis in die Nacht
Am Donnerstag trafen sich Gegnerinnen und Gegner der Corona-Massnahmen erneut in Bern. Die Polizei griff von Anfang an durch.
An dieser Stelle beenden wir die aktuelle Berichterstattung. Besten Dank fürs Mitlesen. Die Zusammenfassung des Abends finden Sie an dieser Stelle: «Wiederholte Corona-Demo in Bern – Diesmal war kein Durchkommen».
Die Lage hat sich mittlerweile etwas beruhigt. Die Trychler machen Pause. Von den Personen, die sich rund um den Polizeikessel am Bahnhofplatz befanden, haben viele den Ort verlassen. Die Polizei führt weiter Kontrollen durch und fordert weist Demonstranten weg. Wer dem nicht Folge leiste, müsse mit einer Anzeige rechnen.

Obwohl die Zahl der Anwesenden Demonstrierenden geschrumpft ist, lassen die «Liberté»-Rufe nicht nach. Allerdings scheint sich eine gewisse Ratlosigkeit in der Menge breitzumachen: Die Mehrheit der Massnahmenkritiker ist im Kessel isoliert, der Teil draussen wagt nicht viel mehr als ihre Parolen zu skandieren.
Auch ein Ambulanzwagen ist mittlerweile vor Ort. Die Polizei ruft dazu auf, Personen im Kessel, die Kinder dabei haben, sich beim Bahnhof kontrollieren zu lassen.

Die Gruppe ausserhalb des Kessels – etwa 150 Menschen – hat sich in die Spitalgasse bewegt. Weit kommen sie indes nicht, denn die Polizei hat die Strasse mit Kastenwagen versperrt. Dann stösst eine Gruppe Polizisten vor und bringt den Wagen mit Lautsprechern und Schweizerkreuzen in ihre Gewalt. Es erschallen Buhrufe, die Polizei setzt Gummischrot ein.
Neben den Polizisten in Schutzmontur sind auch Polizeikräfte in Leuchtwesten als Dialogteams unterwegs und suchen das Gespräch mit den etwas ratlos wirkenden Demonstranten rund um die Heiliggeistkirche.

Die Menge innerhalb des Kessels scheint nun kleiner, ein Teil der Demonstrierenden hat offenbar die Kundgebung verlassen oder wurde von der Polizei weggewiesen. Derweil werden die im Kordon stehenden Polizisten teilweise von ausserhalb des Kessels sich befindenden Demonstrierenden ausgeschimpft.
«Non à la dictature», ruft eine Gruppe Frauen einem Beamten entgegen; eine Frau mit grosser Flagge des Kantons Schwyz in der Hand versucht demselben Polizisten weiszumachen, was er mache, sei verfassungswidrig.

Neben den einigen hundert Personen im Kessel hat sich eine zweite, kleinere Gruppe formiert. Sie zieht Richtung Bubenbergplatz und Schanzenstrasse. Bei der Welle werden sie von der Polizeipräsenz daran gehindert, in den Bahnhof einzudringen. Anschliessend marschieren die Demonstranten wieder zurück Richtung Bubenberg- und Bahnhofplatz. Dort pfeifen sie die Polizisten aus, die den Grossteil ihrer Gleichgesinnten immer noch eingekesselt halten.

Die Demonstrierenden gegen die Covid-Massnahmen haben eine Gewohnheit bei linken Protesten abgekupfert: aus auf einem kleinen Wagen montierten Lautsprechern erschallt Rapmusik.
Bloss ist der Wagen mit Schweizerfahnen behangen und die Musik keine Klassiker der Konterkultur, sondern eine rhythmisch zu wünschen übrig lassende Mundart-Tirade gegen die Pandemie-Massnahmen.
Ein weiteres Mal fordert die Polizei die Schaulustigen dazu auf, den Platz zu verlassen. «Die Polizei wird bald Zwangsmassnahmen anwenden.»
Inzwischen sind mehrere Kastenwagen vorgefahren. Die Polizei holt einzelne Demonstrierende aus der Menge und beginnt, sie zu kontrollieren.

Unter lauten «Liberté»-Rufen kommt es zum ersten Gerangel mit der Polizei. Einige Trychler werden von den Einsatzkräften abgeführt. Nach wie vor beschränkt sich das Geschehen auf den Bahnhofplatz. Die Polizisten, welche den Kessel bilden, haben nun weitere Demonstranten im Rücken.
Diesmal greift die Polizei viel früher ein. Schwer ausgerüstete Einsatzkräfte bewegen sich auf die versammelte Menge zu und umzingeln sie komplett, die Demonstrierenden haben nur noch wenig Platz. Einzelne von ihnen zünden Fackeln.
«Sie sind von der Polizei umstellt», heisst es nun aus den Lautsprechern. «Die Polizei führt nun Kontrollen durch. Danke dass sie sich ruhig verhalten. Falls nicht, wird die Polizei Zwang anwenden.»
Plötzlich erscheint eine Gruppe Trychler aus dem Bahnhof. Sie bewegen sich auf die Menge zu, können ihre Gleichgesinnten aber wegen des Polizeikordons nicht erreichen.
Derweil hat sich auch eine grosse Gruppe Schaulustiger versammelt. Sie filmen das Geschehen und buhen die Kundgebungsteilnehmenden teilweise aus. Auch die werden von der Polizei dazu aufgefordert, den Platz zu verlassen.
Am Bahnhofplatz haben sich schon kleinere Grüppchen der Massnahmengegner versammelt, sporadisch hauen sie auf ihre Trommeln. Die Polizei macht bereits eine erste Lautsprecherdurchsage, wonach sich die unbewilligte Kundgebung aufzulösen habe. Die Demonstrierenden reagieren mit Pfiffen, gegrölten Schimpfworten und «Liberté»-Rufen. Auch am Bollwerk ist die Polizei präsent. Dort steht ein Wasserwerfer zum Einsatz bereit.
Bereits früher am Abend hatte die Polizei den Bundesplatz abgesperrt. Der Zaun vor dem Bundeshaus ist jedoch nicht montiert worden.

Wie schon in den vergangenen Wochen wollen auch heute Donnerstag Gegner der Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wieder in Bern demonstrieren. Das heisst es in einem Aufruf, der im Internet und in Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram kursiert. Die Demonstration ist unbewilligt.
Bereits im Vorfeld wurde gegen einen Mann aus dem Aargau eine Wegweisung aus der Stadt Bern verhängt, die von heute 14 Uhr bis morgen um 6 Uhr gültig ist. Dies, weil er den Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause und dessen Familie bedroht habe, wie es von der Berner Kantonspolizei heisst, die einen Artikel des «Blick» bestätigt.
Im Rahmen der Demo letzte Woche wurden insgesamt rund 80 Wegweisungen ausgesprochen und neun Personen auf einen Polizeiposten mitgenommen. Ein Video von einer groben Festnahme sorgte letzte Woche für Aufsehen. Es zeigt, wie Einsatzkräfte hart gegen einen Massnahmengegner vorgehen. Während der Kundgebung wurde zudem auch ein Polizist verletzt. (ps)
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