Corona-Demos in BernPolizei geht in Bern konsequent gegen Demos vor
Die Polizei tritt am Samstag deutlich bestimmter auf als bei vergangenen Demos. Die Allmend und der Bundesplatz wurden gesperrt. Auch ein bekannter rechtsextremer Politiker wurde vom Bundesplatz abgeführt.
Das Wichtigste in Kürze:
- Lockdown-Gegner hatten für Samstagnachmittag zu einer unbewilligten Kundgebung in Bern aufgerufen.
- Die Kantonspolizei Bern kündigte im Vorfeld an, Kundgebungen zu unterbinden und Demonstrierende zu kontrollieren und anzuzeigen.
- Bereits am Mittag riegelte die Polizei den Bundesplatz ab. Anschliessend wurden Demonstrierende konsequent abgeführt.
- Auch eine Menschenansammlung auf dem Bernexpo-Gelände beim Guisanplatz wurde durch die Polizei aufgelöst.
- Auf der Kornhausbrücke stoppte und kontrollierte die Polizei Personengruppen, die von der Allmend her in Richtung Innenstadt unterwegs waren.
- Kurz nach 17.30 Uhr gab die Polizei den Bundesplatz wieder frei.
In der Stadt Bern hat die Polizei am Samstag Mahnwachen oder Kundgebungsversuche von Lockdown-Gegnern konsequent unterbunden. Sowohl beim Bundesplatz als auch auf der Allmend wies die Polizei alle Leute weg, welche sich versammeln wollten.
Wer der Aufforderung der Polizei nicht nachkam, die Örtlichkeiten zu verlassen, wurde angezeigt. Wie der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause am Nachmittag bekanntgab, müssen etwa hundert Personen mit einer Anzeige rechnen.
Bundesplatz abgesperrt
In der Umgebung des Bundesplatzes hielten sich Anfang des Nachmittags schätzungsweise 200 bis 300 Gegner der Corona-Pandemiemassnahmen des Bundesrates auf. Den Platz hatte die Polizei kurz nach Ende des samstäglichen Wochenmarktes mit Gittern abgesperrt und kontrollierte ihn in der Folge mit einem grösseren Aufgebot. Der Platz war also nicht zugänglich.
Ein paar wenige mutmasslich Kundgebungswillige trug die Polizei in der Umgebung des Bundesplatzes zur Personenkontrolle weg. Eine Frau wurde dabei verletzt, weil sie sich stark gegen die Wegweisung wehrte. Die meisten Demonstranten folgten den Polizisten aber ohne Widerstand.
Auch zur Berner Allmend fuhren schätzungsweise etwa 50 mutmassliche Lockdown-Gegner. Dort erwartete sie ebenfalls ein grösseres Polizeiaufgebot. Ein bekannter Lockdown-Gegner hatte im Verlauf der Woche bekanntgegeben, er verlege seine Mahnwache vom Bundesplatz auf die Allmend.
Bei der Tramhaltestelle Guisanplatz kesselte die Polizei etwa zwanzig Personen ein, nachdem diese der Aufforderung nicht nachgekommen waren, die Örtlichkeiten zu verlassen. Per Lautsprecher hatte die Polizei vorher die Leute aufgerufen, den Platz vor den Berner Expo-Hallen zu verlassen.
Es handle sich um eine unbewilligte Demonstration. Wer sich nicht entferne, dem drohe eine Anzeige wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen. Die eingekesselten Personen mussten ihre Personalien angeben.
Etwas später stoppte die Polizei auf der Kornhausbrücke Personen, die ihren Angaben zufolge vom Guisanplatz in die Innenstadt zogen. Wegen dieser Personenkontrollen kam es zu Unterbrechungen auf der Tramline 9.
Die Berner Stadtregierung hatte im Verlauf der Woche die Gegner der Corona-Pandemiemassnahmen aufgefordert, auf Aktionen zu verzichten. Das vom Bund angeordnete Versammlungsverbot gelte weiterhin.
Nause zufrieden – Weggewiesene weniger
Berns Sicherheitsdirektor Nause sagte im Verlauf des Nachmittags, er sei unter dem Strich zufrieden mit dem Polizei-Einsatz. Die Polizei sei nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vorgegangen und habe ihren Auftrag erfüllt.
Teilweise erbost reagierten von der Polizei weggewiesene oder kontrollierte Personen. Bald dürfe man nicht mehr reden, sagte eine Frau. Die Bundesverfassung garantiere die Versammlungsfreiheit, sagte ein anderer.
Minidemos bald möglich
Am Samstag gegen Abend zeichnete sich ab, dass in Bern und anderswo in der Schweiz Kleinstdemonstrationen von bis zu fünf Personen bald möglich werden. Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried sagte in einem kurzen Interview mit der Online-Ausgabe der Zeitung «Der Bund» (Abo), das Bundesamt für Justiz habe der Stadt Bern bekräftigt, dass Demos in Kleinstgruppen zulässig seien.
Die Änderung der Verordnung «sollte schon erfolgt sein, wie uns das Bundesamt für Justiz am Freitag in Aussicht gestellt hat», so von Graffenried. Bisher habe es den Widerspruch gegeben, dass einerseits alle Kundgebungen verboten, Versammlungen bis zu fünf Personen aber erlaubt gewesen seien.
Auf die Frage, ob diese Regelung nicht schon hätte am Samstag gelten können, sagte Reto Nause, zuerst müsse die Covid-19-Verordnung des Bundes abgeändert werden. Bisher liege der Stadt Bern erst eine E-Mail des Direktors des Bundesamtes für Justiz vor. «Wenn der Bund die Regeln lockert, werden wir das in Bern vollziehen», so Nause. (sda)
Zwei Frauen erklären im Video, warum Sie in Bern Widerstand leisten wollen.
Video: Claudia Salzmann
Inzwischen sind die Lockdown-Gegner abgezogen, die Polizei hat den Bundesplatz wieder freigegeben. Man sei aber weiterhin präsent, meldet diese auf Twitter.
Auch der rechtsextreme, in der Szene europaweit bekannte Politiker Ignaz Bearth war am Samstagnachmittag in Bern unterwegs. Er war gerade daran, einen Mann im Rollstuhl zu interviewen, diesen zu filmen und das Video live auf Youtube zu streamen, als ihn mehrere Polizisten ergriffen und vom Bundesplatz abführten. Bearth filmte auch diese Szene mit und stellte das Video wenige Minuten später online.
Der 36-jährige St. Galler war jahrelang in der Neonazi-Szene aktiv, gehörte der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) an und war Mitbegründer des Schweizer Ablegers der rassistischen und rechtspopulistischen Organisation Pegida, kurz für Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes.
Bereits bei jener Demonstration, die heute vor einer Woche in Bern stattfand, war Bearth dabei. Lesen Sie dazu: Auch Rechtsradikale zog es nach Bern (Abo).


Wie die Polizei eine Kundgebung verhinderte - und was Lockdown-Gegner dazu sagen.
Video: Adrian Reusser/sda
Video: Claudia Salzmann
Berns Sicherheitsdirektor Nause sagte im Verlauf des Nachmittags, er sei unter dem Strich zufrieden mit dem Polizei-Einsatz. Die Polizei sei nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vorgegangen und habe ihren Auftrag erfüllt. (sda)
Die Polizei hat eine Gruppe von Demonstrierenden angehalten, die nach Auflösung der Besammlung auf der Allmend offenbar in Richtung Stadt unterwegs gewesen war.
Die Bandbreite der Demonstranten war sehr vielfältig. Nach der Wegweisung wurden die Personalien aufgenommen. Die Versammlung ungefähr um 15 Uhr aufgelöst. Die verbleibenden Demonstranten äusserten ihr Vorhaben, die Demonstration nun in die Innenstadt zu verlagern.
Bei der Festhalle auf dem Bernexpo-Areal hatten sich einige Dutzend Personen versammelt. Die Kantonspolizei wies sie weg, worauf Buhrufe ertönten.
Die Polizei musste das Absperrband nach innen verschieben, da immer mehr Leute auf dem Tramperron standen.

Rund um den gesperrten Bundesplatz führt die Kantonspolizei Personenkontrollen durch. Demonstrierende werden weggewiesen. Dieses Vorgehen sei« leider nötig, um die Schutzmassnahmen durchzusetzen», schreibt die Polizei auf Twitter.
Gut eine halbe Stunde vor Demo-Beginn hat die Polizei den Bundesplatz mit Gittern abgesperrt.
Video: jsp
Die Polizei ist ihrer Ankündigung nachgekommen: Zumindest auf dem Bundesplatz ist die sehr hohe Präsenz deutlich spürbar, wie ein Reporter vor Ort berichtet. Einsatzkräfte patroullieren über den Markt und halten sich rund um den Platz bereit.
An den vergangen beiden Samstagen haben Kritiker der Corona-Massnahmen des Bundes auf dem Bundesplatz demonstriert. Trotz geltendem Veranstaltungs- und Kundgebungsverbot und kritischen Stimmen aus Politik und Bevölkerung. Auch für heute wurde zu Kundgebungen aufgerufen.
Wo genau die Demonstration stattfinden soll, ist unsicher. In den sozialen Medien rufen die einen Gruppierungen zur Versammlung auf den Bundesplatz, andere auf die Allmend. In der Innenstadt würde die Demo zu einer besonders unübersichtlichen Situation führen, weil dort heute zum ersten Mal wieder der Berner Wochenmarkt stattgefunden hat.
Die Polizei hat diese Woche eine Warnung an die Demonstrierenden herausgegeben. Sie werde ihr Aufgebot «deutlich erhöhen». Wer teilnehme, müsse damit rechnen, kontrolliert und allenfalls angezeigt zu werden.
Auch der Berner Gemeinderat verurteilt die Proteste und ruft die Bevölkerung dazu auf, sich an die Schutzmassnahmen zu halten.
cla/jsp/ske/chh
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