Erleichterung und Erlösung, Explosion und Euphorie
Im letzten Jahr bangte Josip Drmic um seine Karriere, gegen Lettland schiesst er die Schweiz zum Heimsieg.
93 Sekunden hat Josip Drmic benötigt, um sich nach 16 Monaten Absenz mit dem Nationalteam zu versöhnen. Zumindest ein bisschen. Im November 2015 hatte der Stürmer das letzte Länderspieltor geschossen (gegen die Slowakei) und den letzten Einsatz bestritten (gegen Österreich), vor 12 Monaten verletzte er sich schwer am Knie, wegen eines Knorpelschadens verpasste er fast das gesamte Jahr 2016, seit Dezember absolvierte er für Gladbach ein paar Einsätze.
Und am Samstag meldet er sich auf grosser Bühne zurück im Rampenlicht.In der 65. Minute wird Drmic eingewechselt, in der 66. Minute trifft er mit einem wuchtigen Kopfball zum 1:0-Siegtor für die Schweiz gegen Lettland. Nach dem Heimsieg in der WM-Qualifikation absolviert er einen Interviewmarathon, der länger dauert als seine Arbeit auf dem Rasen.
Und die Botschaft, die der 24-Jährige zu verkünden hat, ist emotional. Drmic spricht immer wieder von einem besonderen Tag, dieser Treffer sei wie eine Explosion gewesen, er verspüre Erleichterung, Euphorie, Erlösung, Glück auch und Freude. Vor einem Jahr bangte Drmic um die Fortsetzung seiner Karriere, die Sportinvalidität drohte.
Der Stürmer spricht von «harten Zeiten» und davon, wie er an Krücken humpelte, zu Hause auf dem Sofa sass, Fussball am TV schaute und mit einer Bewegungsmaschine das Knie beugte. «Dieser Abend und dieses Tor sind wunderschön», sagt er.
Viele Chancen vergeben
Josip Drmic belohnt in Genf nicht nur sich, sondern auch sein Team. Mit seinem ersten Ballkontakt krönt er den Einbahnfussball der Schweizer, die Chance um Chance vergeben, fast an sich und dem starken FCZ-Goalie Andris Vanins im lettischen Tor verzweifeln.
Die Teamkollegen freuen sich sehr über das gelungene Comeback von Drmic im Nationalteam, sie loben den Mitspieler für dessen Fleiss, und auch Vladimir Petkovic hofft, dass dieses Erfolgserlebnis befreiend sei. «Er hat schwierige Phasen hinter sich», sagt der Trainer, «dieses Tor wird ihm Auftrieb bei Gladbach geben.»
Und während die anderen Nationalspieler einer nach dem anderen frisch geduscht in die Nacht von Genf streben, steht Drmic immer noch bei den Medienvertretern, strahlt und lacht und beantwortet in den Katakomben des Stade de Genève die immer wieder gleichen Fragen.
An einer Wand wird auf die 17 Meistertitel Servettes hingewiesen, der Challenge-League-Klub hat die schönen Zeiten hinter sich und träumt von einer Rückkehr an die nationale Spitze. Josip Drmic hat bewiesen, dass man immer wieder aufstehen kann, selbst wenn man tief gefallen ist – und die Hoffnung fast schon aufgegeben hat.
Auch ein Trainersieg
Das Stade de Genève ist ein gutes Pflaster für das Nationalteam, es hat dort alle vier Pflichtspiele gewonnen. Drmic erweitert unterdessen die Möglichkeiten der Auswahl, er ist ein variabler Stürmer, der seine fulminant gestartete Karriere neu lancieren will.
Er schoss mal 17 Tore für Nürnberg in einer Saison, für die Schweiz sind es immerhin 10 Treffer in 26 Einsätzen, wobei er nur einmal durchspielen durfte. Gelingt es ihm, seine alte Klasse zu erreichen, könnte er Haris Seferovic im Angriff verdrängen.
Vladimir Petkovic weiss die personellen Optionen zu schätzen. Er hat mit aktivem, klugem Coaching erneut an einem Erfolg mitgebastelt, das 1:0 gegen Lettland ist auch ein Trainersieg. Selbst wenn danach Josip Drmic im Mittelpunkt steht.
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