Er lässt die Teslas ganz schön alt aussehen
Der lang erwartete elektrische Porsche Taycan kann der US-Konkurrenz locker Paroli bieten und schlägt eine Brücke in die Zukunft, ohne die Vergangenheit zu verleugnen.

Kein Auto wird mit so viel Spannung erwartet wie dieses. Denn eine neue Baureihe legt Porsche nicht alle Tage auf. Und wenn es dann auch noch der erste elektrische Porsche ist, dann bekommt die Gemeinde der Schnellfahrer und Besserverdiener schon einmal feuchte Hände. Die eine Hälfte, weil sie darauf hofft, dass sie in Zukunft wieder ohne Reue einen Sportwagen bewegen darf, und die andere, weil sie um das Ende einer Legende fürchtet und Angst hat, dass die nationale Sportwagen-Ikone bald endgültig auf dem Altar des Klimaschutzes und der Political Correctness geopfert wird. Zwischen den beiden Lagern steht Stefan Weckbach: Er leitet die Baureihe J1, die zur Messe IAA 2015 als Mission E geboren wurde und nach bald vier Jahren Vorspiel in diesem Herbst endlich in den Handel kommen soll.
Von Erwartungen und Befürchtungen eingezwängt wie in einem Schraubstock und der Countdown für den Start der Produktion im Stammwerk Zuffenhausen in der heissen Phase – da würde man dem Mann eine gewisse Nervosität zugestehen. Doch wenn es die gibt, lässt sich Stefan Weckbach davon jedenfalls nichts anmerken. Im Gegenteil: Entspannt, gelassen und mit dem bislang Erreichten augenscheinlich sehr zufrieden sitzt er am Steuer seines Prototyps und treibt jenen Sportwagen, der Porsche fit für die Zukunft machen soll, mit Lust und Leidenschaft rund um das Entwicklungszentrum in Weissach.
Das hat durchaus etwas Gespenstisches, selbst wenn die Tarnung des Taycan mittlerweile ziemlich dürftig ist und das viertürige Coupé, das nur wenig kürzer, dafür aber deutlich flacher ist als der Panamera, lange nicht mehr so geheimnisvoll wirkt. Doch da, wo sonst die Turbos röhren und die Boxer-Motoren brüllen, vernimmt man vom Taycan nur ein leises Surren und spürt ihn eher vorbeifahren, als dass man ihn tatsächlich hört.

Das ist jedoch fast schon der einzige Unterschied zu 911er & Co. Am Elan jedenfalls mangelt es dem Tarnkappenbomber bei seinem Tiefflug nicht. Mit rund 600 PS für die stärkste der zahlreichen geplanten Modellvarianten erreicht er mit je einem Motor pro Achse trotz seiner stets deutlich über zwei Tonnen Gewicht Fahrleistungen, die besser sind als bei jedem Panamera. «Alles, was wir bei der Präsentation der Studie versprochen haben, werden wir mit dem Serienauto einhalten oder gar übertreffen», sagt Weckbach. Von 0 auf Tempo 100 wird der Taycan deshalb kaum mehr als drei Sekunden brauchen und wo Audi e-tron oder Mercedes EQ C im Leben nicht auf 200 km/h kommen, nimmt der Porsche diese Hürde in etwa zwölf Sekunden.
Aber dass Elektroautos spurtstark sind, das hat auch schon Elon Musk mit seinen Tesla gepredigt und bewiesen. Und dass der Taycan Auslauf bis 250 km/h bekommt, ist nach der Vorlage des Tesla Model S – zumindest aus Marketinggründen – das Mindeste. Doch damit kann und will sich Porsche nicht begnügen: Weil der Taycan ein echter Porsche sein soll, bringt er diese Performance nicht wie Tesla & Co zwei oder dreimal, sondern immer und immer wieder. «Solange der Akku genügend Strom liefern kann, bietet der Taycan auch die volle Leistung», verspricht Weckbach. Ein Porsche, der freiwillig einen Gang herunterschaltet, das ist den Entwicklern derzeit (noch) zu viel.
Einhändig gut beherrschbar
Natürlich definiert Weckbach Sportlichkeit nicht allein über Sprintwerte, sondern erlaubt im Taycan auch eine Querdynamik, wie man sie unter den Stromern so noch nicht erlebt hat. Mit einem Schwerpunkt niedriger als beim GT3, mit der mitlenkenden Hinterachse des Elfers und einem adaptiven Fahrwerk wie im Panamera schrumpft der knapp fünf Meter lange Riese beim Fahren zu einem handlichen Sportwagen, der die Landstrasse zur Lustmeile macht. Trotz der sportlichen Fahrt hat Weckbach eine Hand meist in der Luft und unterstreicht damit seine Worte. Denn egal, wie eng und verwinkelt der Kurs auch ist, hält der Baureihenleiter den Taycan meist nur mit einer Hand auf der Ideallinie, so gut ist das Auto offenbar zu beherrschen.
Aber der Taycan fährt nicht nur wie ein Porsche und trotzdem ganz anders: Auch das Design schlägt eine Brücke in die Zukunft, ohne die Vergangenheit zu verleugnen. Aussen stehen dafür vor allem die neuen Scheinwerfer, die vor den wie immer überhöhten Kotflügeln zu schweben scheinen, und das dünne Leuchtschwert am Heck, das die durchgehenden Rücklichter der aktuellen Modellpalette neu interpretiert. Und innen ist es das Cockpit, in dem sich Porsche-Fahrer fühlen werden wie Captain Future und trotzdem auf Anhieb zurechtkommen dürften. Denn wenn Weckbach zwischendurch mal stolz die blickdichten Tarnmatten lüftet, schaut man in eine Bildschirmlandschaft, in der es kaum noch haptische Bedienelemente gibt – selbst die Lüfterdüsen verstellt man jetzt auf einem Touchscreen.
Das sieht futuristisch aus und lässt selbst die Tesla mit ihrem grossen Tablet irgendwie alt wirken, hat aber schon bei der Cross-Turismo-Studie so gut funktioniert, dass man sich über Bediensicherheit keine Gedanken machen muss. Zumal auch hier ein paar goldene Gesetze der Porsche-Geschichte berücksichtigt bleiben: Die unterschiedlichen Fahrmodi wählt man nach wie vor mit einem Drehschalter am Lenkrad, und links davon leuchtet stolz ein Sensorfeld, das an den Startknopf erinnert.
Ob der Taycan ein Erfolg wird? Sicher. Denn ein paar Monate vor der Lancierung ist die Nachfrage nach dem E-Porsche mittlerweile so hoch, dass die Stuttgarter die Produktionskapazität für den Taycan gerade noch einmal angehoben haben.
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