Er hat die Schweizerhof-Besitzer vor Gericht besiegt
Ein Berner Architekturbüro hat gegen die Schweizerhof-Besitzer prozessiert und sein Honorar erstritten. Das macht anderen Baufirmen Mut.

Seit sieben Jahren empfängt das totalsanierte Fünfsternhotel Schweizerhof am Berner Bahnhofsplatz wieder seine Gäste – und fast genauso lange dauerte der Rechtsstreit zwischen den Hotelbesitzern aus Katar und den für den Umbau verantwortlichen Architekten.
Der Streit war entbrannt, als sich die Besitzer weigerten, die Honorare der Architekten zu bezahlen. Der Grund: Die Architekten seien für Verspätungen und Kostenüberschreitungen verantwortlich.
Das sah das Berner Handelsgericht anders und verurteilte die Besitzer im Dezember 2016 zur Zahlung der ausstehenden Honorare in Höhe von rund 460'000 Franken plus 170'000 Franken Verzugszinsen.
Das Geld liegt bereits auf ihrem Konto. Doch weil die schriftliche Urteilsbegründung bis März dieses Jahres auf sich warten liess, war bis vor kurzem unklar, ob die Katarer das Urteil weiterziehen würden. Nun steht fest: Es ist rechtskräftig.
Urteil mit Signalwirkung
Für das Berner Architekturbüro Spörri Graf Partner findet damit ein langer und zäher Kampf ein glückliches Ende. Doch ein Blick auf die anderen Schweizer Hotelprojekte der katarischen Investoren zeigt: Viele der daran beteiligten Architekten und Baufirmen kämpfen ebenfalls um ihr Geld.
Doch mit Ausnahme von Spörri Graf Partner haben sich sämtliche Gläubiger dem Druck der Bauherren gebeugt und sich aussergerichtlich geeinigt – bisher. Selbst grosse Unternehmen wie Implenia oder Weibel Muri gingen auf Vergleichsangebote ein.
«Die Drohungen der Bauherren, den Gerichtsweg durch alle Instanzen auszuschöpfen und einen dadurch finanziell zu ruinieren, zeigen Wirkung», verrät ein betroffener Unternehmer dieser Zeitung. «Doch das Urteil zugunsten Spörri Graf Partner ermutigt uns, ebenfalls vor Gericht zu gehen.»
«Er sagte: ‹Gebt uns einen Rabatt, dann zahlen wir sofort. Ansonsten kann es länger gehen.›»
Da stellt sich die Frage: Wer sind diese Berner Architekten, die sich trauten, die finanzkräftigen Investoren aus Katar vor Gericht zu zerren?
Leo Grafs Stimme gewinnt an Schärfe, sobald er über den Schweizerhof spricht. Der 52-Jährige ist Mitinhaber von Spörri Graf Partner, er leitet das Büro gemeinsam mit seiner Frau Andrea Graf-Spörri, seinem Schwager Martin Spörri und zwei weiteren Partnern. Seine Mimik verrät, dass der Umbau und der jahrelange Rechtsstreit Spuren hinterlassen haben, die nicht nur finanzieller Natur sind.
Der ETH-Architekt spricht über die chaotischen Zustände auf der Baustelle, über Monate mit 240 Arbeitsstunden – geleistet, um einen unmöglichen Zeitplan einzuhalten. Er spricht über die Folgen für das Familienleben, über die immensen Anspannungen und über den Zusammenbruch eines Arbeitskollegen. «Diese Sache geht weit über das Wirtschaftliche hinaus. Sie ist persönlich», sagt er.
«Wahnsinnige Genugtuung»
Dass sie unbedingt ein Urteil wollten, hat aber auch mit Ethik und Berufsstolz zu tun. Die Vorwürfe der Fehlplanung, der Schlamperei, des Überfordertseins, die von der Gegenseite verbreitet worden waren: «Hätten wir einem Vergleich zugestimmt, dann wären alle Anschuldigungen gegen uns bestehen geblieben», begründet Graf. Erst dieses Urteil habe alle Zweifel über die Qualität ihrer Arbeit beseitigt. «Nach all den Jahren ist das eine wahnsinnige Genugtuung.»
Dabei sollte der Umbau des Schweizerhofs für Leo Graf und seine Partner ein beruflicher Höhepunkt werden. 2002 wechselte er gemeinsam mit seiner Frau von Zürich ins Hauptbüro nach Bern; er verwirklichte mit der Sanierung des Berner Kunstmuseums erste Umbau-Grossprojekte.
Als 2010 das Angebot kam, das durch die ursprünglich engagierten Architekten angerichtete Chaos auf der Baustelle aufzuräumen und den Schweizerhof fertig zu bauen, zögerte Graf nicht lange: «Ich wusste, wir können das.» Zudem habe Bruno H. Schöpfer, der als Chef der Katara Hospitality AG für den Umbau verantwortlich war, bei den Gesprächen eine sehr gewinnende Art an den Tag gelegt. «Ich hatte ein sehr gutes Gefühl», erinnert er sich.
Das änderte sich, als sie mit den Plänen der Vorgänger weiterbauen wollten. «Der Bau war schon weit fortgeschritten, aber die Planung kam nicht nach», erinnert sich Graf.
Rasch war ihm klar: Um den Planungsrückstand aufzuholen, braucht es einen Baustopp. «Das hat die Bauherrschaft aber kategorisch ausgeschlossen.» Obwohl diese laufend zusätzliche Wünsche wie etwa den nach einer Dachterrasse anbrachte, wollte sie unbedingt am Eröffnungstermin vom 16. April 2011 festhalten.
Knapp am Konkurs vorbei
20 Leute arbeiteten für Spörri Graf Partner mittlerweile an dem Projekt. Dann kam der Schock: «Ende 2010 hat die Bauherrschaft sämtliche Zahlungen an uns eingestellt», sagt Leo Graf. Auf Mahnungen und Anrufe sei entweder mit Ausflüchten oder gar nicht reagiert worden.
Um den finanziellen Engpass zu überbrücken, zahlten sich die Inhaber keine Löhne mehr, die Angestellten wurden aus dem eigenen Sack bezahlt. Zudem stellten freie Mitarbeiter ihre Lohnforderungen teilweise zurück. Ende Januar 2011 waren Honorare in Höhe von 800'000 Franken ausstehend – «ein halber Jahresumsatz». Im Februar stand das Büro kurz vor dem Konkurs.
Die Antwort der Bauherrschaft kam prompt – doch von der gewinnenden Art war keine Spur mehr. «Schöpfer sagte: ‹Gebt uns einen Rabatt, dann zahlen wir sofort. Ansonsten kann es länger gehen›», erinnert sich Graf. Zähneknirschend seien sie darauf eingegangen.
Als dann aber nach dem Soft Opening im April erneut keine Rechnungen mehr bezahlt worden seien, sei in ihnen der Entscheid gereift, vor Gericht zu gehen. Der Prozess habe ihm 1000 Arbeitsstunden und oft schlechte Laune beschert, erzählt der Berner Architekt. Auch seien sie zweimal fast eingeknickt. «Das Urteil wiegt aber alles auf.»
Das Büro hat sich mittlerweile finanziell erholt – auch, weil Bauherren trotz Prozess von einer Zusammenarbeit nicht zurückschreckten. Im Gegenteil: «Wir haben sehr viele positive Rückmeldungen erhalten und geniessen das ungebrochene Vertrauen von institutionellen Bauherren», sagt Leo Graf. In seiner Stimme schwingt nun Stolz mit – die Schärfe ist daraus verschwunden.
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