Enttäuschtes Publikum
Eine Gruppe von Anwohnern hoffte vergeblich, dass das Parlament eine Aufstockung von Gebäuden verhindern würde.

Es wurde warm und wärmer im Schlossgutsaal. Und immer später. Bis fast gegen 23 Uhr hatten sich die zahlreichen Besucher am Dienstag gedulden müssen, ehe die Debatte begann, die sie überhaupt erst an die Sitzung des Münsinger Gemeindeparlaments gelockt hatte.
Es ging um eine Aufstockung von Häusern am Jungfrauweg. Das Warten lohnte sich dann allerdings nicht. Als das Traktandum erledigt war, packten sie ihre Sachen und zogen enttäuscht ab. Man hat in diesen Tagen schon euphorischere Münsinger gesehen.
«Nicht egoistisch sein»
Das Parlament entschied nämlich, dass auf dem Grundstück neu eine W4-Zone gilt, also vierstöckige Häuser mit einem zusätzlichen Attikageschoss gebaut werden können, einen Stock höher als bisher.
Eine Gruppe von Anwohnern hatte sich mit einem Komitee gewehrt und mit roten Stecknadeln im Dorf auf den Fall aufmerksam gemacht. «Nicht höher», lautete ihre Devise. Sie befürchten einen Präzedenzfall und hatten vor der Sitzung alle Parlamentarier einzeln aufgefordert, Nein zu stimmen.
Das gelang nicht. Die Meinungen gingen zwar quer durch die Parteien auseinander, am Ende stimmten die meisten Parlamentarier aber Ja. Zum Beispiel Daniela Fankhauser (Grüne). «Ich habe alle Vor- und Nachteile geprüft», sagte sie. Sie sei sogar auf den Belpberg gerannt und habe auf Münsingen herabgeschaut. Und beim Unwetter am Wochenende sei ihr bewusst geworden, «dass wir Sorge tragen müssen».
Was bedeute, dass man «verdichtet in die Höhe» bauen müsse. «Wir dürfen nicht so egoistisch sein und uns gegen alles wehren, was vor dem eigenen Haus passiert», sagte sie und erklärte, sie stimme Ja. Als sie fertig war, kehrte sie zu ihrem Platz zurück und machte eine entschuldigende Geste. Bei den Anwohnern hatte sie sich keine Freunde gemacht.
«Keine hohe Betonwüste»
Bei den Kritikern gab vor allem zu reden, dass an der gleichen Parlamentssitzung der Startschuss zur Ortsplanungsrevision fiel: Mit dem Projekt «Münsingen 2030» will der Gemeinderat die Meinung der Bevölkerung zur künftigen Entwicklung der Gemeinde einholen. «Das ist eine wichtige Diskussion, die wir führen müssen», sagte Martin Schütz (SP). Deshalb sei es «wirklich unglücklich, dass wir jetzt noch dieses Geschäft durchwinken».
Marco Gehri (SVP) störte am meisten die neue W4-Zone. «Das kann man durchaus als Präzedenzfall betrachten.» Wie Fankhauser sorgt auch er sich um die Lebensqualität in Münsingen, er kommt aber zu einem anderen Schluss: «Vielleicht wollen wir unseren Nachkommen mehr als eine hohe Betonwüste hinterlassen.»
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