«En aständige SVPler weiss, was #Solidarität isch, du nid!»
SVP-Jungpolitiker Michael Frauchiger deckelt auf Twitter Parteischwergewicht Roger Köppel mit harschen Worten. Nun gelte es zusammenzustehen.

Er wählt deutliche Worte auf Twitter, was in diesem Medium nicht ungewöhnlich ist. Ungewöhnlich ist, an wen sich die Worte richten. «@KoeppelRoger mach eus allne en gfalle und heb eifacht de latz! Wen Begriffsch es, dass JEDI PARTEI (inkl. eusere, d'@svpch) IM LAND HINDEREM BUNDESRAT STAHT? Hesch es Brätt vor de fresse oder isch es würkli nur Ignoranz?!. En aständige SVPler weiss was #Solidarität isch, du nid!» Das schreibt Michael Frauchiger, gelernter Sanitärmonteur und SVP-Politiker in Dielsdorf an die Adresse des «Weltwoche»-Verlegers und Nationalrats Roger Köppel.
«Wir brauchen Zusammenhalt und Solidarität»
Der Grund für diesen Ausbruch des Parteikollegen sind Köppels jüngste Wortmeldungen zur Corona-Krise auf Twitter. Der Nationalrat stellt sich dort entschieden gegen die Massnahmen des Bundesrats zum Coronavirus und macht dafür Sommaruga verantwortlich. Sie behaupte irreführend, alle seien gleichermassen vom Virus betroffen. Es sei aber nur die «kleine und sehr wichtige Minderheit alter und kranker Menschen». Man müsse diese abschirmen und nicht das ganze Land lahmlegen, so Köppels Argument.
Auf Nachfrage zu seinem Tweet sagt Frauchiger: «Das ist meine Meinung, und ich stehe dazu. Alle Bundesparteien haben sich hinter den Entscheid gestellt – auch die SVP! Wir brauchen jetzt Einheit, Zusammenhalt und Solidarität. Gewisse wollen das einfach nicht begreifen.» Im Übrigen kritisiere er aber nicht nur Köppel, sondern auch die Medien, die teilweise Panik verbreiteten, anstatt sachlich und nüchtern zu informieren. Frauchigers Tweet ist auch deshalb bemerkenswert, weil die SVP sonst viel Wert auf einen geschlossenen Auftritt legt – und öffentliche Kritik an ihren Vorzeigefiguren nicht gern gesehen wird.
Vater früh verloren
Doch Frauchiger ist es sich gewohnt, seinen eigenen Weg zu gehen. Der 29-Jährige ist homosexuell und engagiert sich für LGBT-Themen – aber auch dort nicht entlang der ideologisch vorgeprägten Linien. So sprach er sich etwa öffentlich gegen die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm auf Homosexuelle aus. «Ich bin jetzt 29 Jahre alt und kämpfe nun seit 13 Jahren für die Akzeptanz und Normalisierung meiner Sexualität. Eine Normalisierung, die nicht extravagant ist, sondern einfach so ist, wie sie ist. Eine Normalisierung heisst für mich auch, keine Sonderrechte einzufordern», so seine Argumentation.
Als jüngstes von drei Kindern in Winterthur aufgewachsen, verlor Frauchiger seinen Vater, als er sieben Jahre alt war. Die Mutter, die sich als Hausfrau um die Kinder gekümmert hatte, war plötzlich auf Sozialhilfe und Ergänzungsleistungen angewiesen. Die Grosseltern halfen ihr mit der Erziehung, doch einige Jahre später verstarb auch Frauchigers geliebter Grossvater. Von ihm hat der Enkel seinen Sinn für Politik geerbt. Der Grossvater war ein Büezer und wählte ursprünglich SP, ist aber wie viele Arbeiter schliesslich abgewandert, als die SVP sich thematisch immer mehr Richtung Identitätspolitik zu verschieben begann. Der Grossvater fand dann in der SVP seine politische Heimat. So auch Frauchiger, der vor allem seine Liebe zur Heimat als Grund für diese Wahl anführt.
Dass der Jungpolitiker den Mut hat, sich auch gegen Parteikollegen zu richten, und zwar mit deutlichen Worten, bewies er aber schon früher. Als Toni Bortoluzzi vergangenes Jahr zum Vizepräsident der SVP Zürich gewählt wurde, äusserte sich Frauchiger zu dessen berühmter Aussage, bei Homosexuellen sei «ein Hirnlappen verkehrt». Das finde er unter aller Sau, sagte Frauchiger, peinlich, hinterwäldlerisch und eine Klatsche für den Fortschritt der SVP. Allerdings sei Bortoluzzis Haltung heute auch in der SVP überholt. Und er habe ihn mittlerweile kennen gelernt und sei sich sicher, dass er dies heute so nicht mehr sagen würde. Denn Zeiten ändern sich und Menschen, die aus ihren Fehlern lernen, auch.
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