Eiskalte Dusche für Beppe Grillo
Italien-Korrespondent Dominik Straub zu den Kommunalwahlen in Italien.
Bei der Stimmabgabe im Genueser Wahllokal hatte Beppe Grillo seinen Motorradhelm aufbehalten – als hätte er die Klatsche, die er beim Urnengang erhalten würde, vorausgeahnt. Selbst in seiner Heimatstadt Genua kam die von ihm gegründete Protestbewegung Movimento 5 Stelle (M5S) bei den Kommunalwahlen vom Sonntag nicht über 18 Prozent hinaus. In anderen Städten fiel das Ergebnis noch viel brutaler aus. Die «Grillini» schafften es in keiner wichtigen Stadt in die Stichwahl vom 25. Juni. Für den bärtigen Populisten, der politisch zwischen ganz links und ganz rechts hin und her irrlichtert, kam die Niederlage überraschend.
Doch das Debakel erinnert an jenes im Jahr 2013: Damals war die Protestpartei mit über 25 Prozent als stimmenstärkste Partei aus den nationalen Parlamentswahlen hervorgegangen – und stürzte bei den Kommunalwahlen danach ab. Auch in diesem Jahr belegte M5S vor den Kommunalwahlen in Umfragen den Spitzenplatz: Die «Grillini» liegen seit Monaten stabil bei etwa 30 Prozent. Auf kommunaler Ebene haben die Umfragewerte nun keine Bestätigung gefunden – ganz im Gegenteil.
Das Resultat der Kommunalwahl lässt jedoch nur bedingt Rückschlüsse auf die tatsächliche Stärke der Protestbewegung zu. Denn letztlich haben die «Grillini» am Sonntag eine unnötige, weil selbst verschuldete Niederlage eingefahren: In Genua hat Grillo die in einer Onlineumfrage von der Basis gekürte Kandidatin kurzerhand aus dem Rennen genommen, weil sie ihm nicht passte. Auch in anderen Städten machten die «Grillini» mit internen Querelen Schlagzeilen. Werden solche Fehler künftig vermieden, sind sie schnell wieder vergessen.
Und: Gewählt wurde nur in 1000 von 8000 Gemeinden, zur Wahl gerufen waren 9 der insgesamt 46 Millionen Stimmberechtigten. Auch deshalb darf man die «Grillini» im Hinblick auf die nationalen Parlamentswahlen nicht bereits abschreiben. Die Kommunalwahl bestätigte aber ein Manko, das bereits vorher bekannt war: Die Protestbewegung hat Mühe, auf lokaler Ebene Personal zu rekrutieren.
Der sozialdemokratische PD von Premier Paolo Gentiloni und von Parteichef Matteo Renzi sowie das von Silvio Berlusconis Forza Italia und der fremdenfeindlichen Lega Nord angeführte Rechtslager dürfen sich somit erst einmal freuen: Sie werden in allen halbwegs wichtigen Städten und Gemeinden, in denen am Sonntag gewählt wurde, die Bürgermeister an den Stichwahlen unter sich ausmachen.
Ihr Erfolg dürfte Auswirkungen auf die Verhandlungen für ein neues Wahlgesetz haben: Renzi und Berlusconi könnten versucht sein, die momentane Schwäche Grillos auszunutzen und sich auf ein Modell verständigen, das sich am Majorzsystem orientiert und das für die stärkste Partei einen Mehrheitsbonus vorsieht. Letzte Woche scheiterten die Beratungen über ein proportionales Wahlmodell – an den «Grillini», die aus dem Dreierpakt mit Renzi und Berlusconi ausstiegen.
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