Eine sehr teure Amigo-Affäre
Wie gross der Schaden der Beamtenversicherungskasse genau ist, der aus der Korruptionsaffäre um Anlagechef Daniel Gloor entstand, ist unklar. Auch auf die Zürcher Finanzdirektoren fällt ein schiefes Licht.

Einen solchen Korruptionssumpf hat man in der Schweiz wohl noch nie gesehen. Während 15 Jahren stand an der Spitze der zweitgrössten Pensionskasse des Landes mit Daniel Gloor ein korrupter Anlagechef. Das Resultat ist eine Vorsorgekasse mit einem Loch von 5 bis 15 Milliarden Franken, je nachdem, wen man fragt. Entstanden ist ein Schaden von 45 Millionen, 500 Millionen oder mehreren Milliarden. Auch dazu gibt es unterschiedliche Angaben.
Wie kommt das? Auf 45 Millionen kommt man dann, wenn man einfach die direkten Verluste einer unerlaubten Investition und die illegal abgezweigten Kommissionen zusammenzählt. Auf 500 Millionen, wenn man all das addiert, was mit den Anlagen versenkt wurde, bei denen Korruption im Spiel war. Auf mehrere Milliarden kommt man schliesslich, wenn man Vergleiche mit anderen Pensionskassen anstellt, die risikogerecht investieren, so wie das Professor Martin Janssen getan hat. Dass die Kasse zu hohe Risiken nahm, hat eben auch mit der Korruptionsaffäre zu tun, wie weiter unten ausgeführt wird.
Perfekt organisiert
Das Korruptionsnetz war perfekt organisiert. Am Prozess kam aus, dass Gloor bereits 1995 ein schwarzes Konto bei der Bank Sal. Oppenheim hatte, das innert kürzester Zeit von wenigen Tausend Franken auf über eine Million anwuchs. Der damit betraute Banker war kurzzeitig auch in die Untersuchung involviert. Doch offenbar war alles verjährt oder nicht nachweisbar. Seine Nachfolger als Amigos sassen diese Woche im Gerichtssaal. Und wäre da nicht der quirlige Rumen Hranov gewesen, der laut Gloor sein Maul nicht halten konnte, die Herren, die sich selber als Freunde bezeichnen, würden heute noch kassieren und Männerabende mit ihrem Krösus feiern.
Dass die Amigo-Affäre nach Zürcher Art überhaupt möglich wurde, hat einen politischen Hintergrund. Die machtbewussten Zürcher Finanzdirektoren haben sich während der ganzen Zeit direkt in die Geschäfte der BVK eingemischt. Angefangen mit Eric Honegger, der die Beiträge senkte, um die Kantonsfinanzen kurzfristig gesundzurechnen. Ein System, das er übrigens als Swissair-Präsident wiederholte, mit bekannten Folgen. Sein Nachfolger Christian Huber ging so weit, dass er sich von Financiers ins Baur au Lac einladen und zu Investitionen in ihre Anlagevehikel überreden liess. Hans Hollenstein war nur kurz Finanzdirektor. Diese Übergangszeit von gut zwei Jahren, bis Ursula Gut fest im Sattel sass, nutzte Gloor, um seine Freunde mit lukrativen Beratungsaufträgen zu beglücken.
Die politische Mitschuld
Allen Regierungsräten war auch gemeinsam, dass sie sich gerne von Gloor überzeugen liessen, man könne dank innovativen Finanzanlagen um politisch heikle Beitragserhöhungen herumkommen. Denn eines war eigentlich immer klar: Die Kasse zahlte zu hohe Renten, und die Beitragssätze waren zu tief. Darum liess man sich auf abenteuerliche Investitionen ein, die es dank der dafür typischen Intransparenz erlaubten, versteckte Zahlungen an den Augen der Kontrolle vorbeizuschmuggeln. Warnungen wollte man nicht hören, Kontrollberichte liess man zensurieren und wenn es Anfragen aus dem Parlament gab, liess man die Gloor gleich selber beantworten. Das ist die politische Mitschuld, zu der alle erwähnten Regierungsräte eigentlich stehen müssten.
Schade war, dass die Strafanzeige von 2006, die höchstwahrscheinlich Hranovs Intimfeind Thomas Matter über einen befreundeten Journalisten einreichte, liegen blieb. Staatsanwalt Andreas Ochsenbein ermittelte zwar, aber alleine hatte er zu wenig Kraft, und offenbar versäumte man es, ein Team von Staatsanwälte freizuspielen, so wie das seit 2010 geschehen ist. Dass die den Fall nun rasch und entschlossen aufdeckten, ist das einzig Positive an der für den Steuerzahler sehr teuren Amigo-Affäre.
(Tages-Anzeiger)
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