Einbürgerung trotz Sozialhilfebezug
Laut dem Berner Verwaltungsgericht können Ausländer trotz Sozialhilfebezug eingebürgert werden. Das zeigt der Fall einer 53-jährigen Iranerin.

Das Verdikt war klar: Vor fünf Jahren nahm das Berner Stimmvolk die SVP-Initiative «Keine Einbürgerung von Verbrechern und Sozialhilfeempfängern» an. Seither gelten strengere Vorschriften, die durch das Verwaltungsgericht verschiedentlich bestätigt worden sind. Jetzt aber kommen die Berner Richter im Falle einer 53-jährigen Iranerin zu einem anderen Schluss, wie der «Bund» berichtete. Trotz Sozialhilfebezug könnte sie gemäss einem kürzlich publizierten Urteil eingebürgert werden.
Der Grund: Wenn jemand wegen einer dauerhaften Behinderung oder Krankheit quasi unverschuldet in die Sozialhilfe abgerutscht ist, würde diese Person im Falle einer Verweigerung des Schweizer Passes gegenüber «gesunden» Bewerbern diskriminiert. Und das ist gemäss Bundesverfassung verboten.
Genau eine solche Situation machte die Iranerin denn auch vor Gericht geltend, nachdem ihr zwar die Einwohnergemeinde das Bürgerrecht zugesichert, der Kanton Bern ihr dieses aber wieder aberkannt hatte. Die Frau ist 1995 in die Schweiz gekommen und bezieht seit Jahren Sozialhilfe. Sie leidet an einer psychischen Störung, die durch traumatische Erlebnisse in der Kindheit und Kriegserlebnisse im Iran ausgelöst wurde. Deswegen muss sie im Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer des Roten Kreuzes behandelt werden. Zudem war die Frau in stationärer psychiatrischer Behandlung wegen Suizidversuchen. Diese dauerhaften Probleme seien der Grund für die Sozialhilfeabhängigkeit, so die Iranerin.
Neues Gutachten gefordert
Der Kanton stellte sich auf den Standpunkt, der Sozialhilfebezug verunmögliche eine Einbürgerung. Es würden keine Anhaltspunkte bestehen, dass die Frau an einer dauerhaften Beeinträchtigung leide. Sie habe 2009 denn auch erfolglos ein Verfahren bei der Invalidenversicherung durchlaufen, bei dem Gutachter zum Schluss gekommen sind, es bestehe «keine verminderte Leistungsfähigkeit». Weshalb das eine Fehleinschätzung gewesen sein soll, habe die Iranerin nicht darlegen können.
Das Verwaltungsgericht sieht die Sache allerdings anders. Auf das IV-Verfahren könne nicht mehr ohne weiteres abgestützt werden. Die neueren ärztlichen Berichte würden ein komplexes Krankheitsbild zeigen. Es sei deshalb notwendig, dass sich die Iranerin neu begutachten lässt. Erst danach könne ein Entscheid zur Einbürgerung gefällt werden. Deshalb muss der Kanton jetzt über die Bücher. (mab)
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch