Einäugiger Jihadist rächt sich für Mali-Einsatz
Die blutige Geiselnahme in Algerien entwickelt sich zum Nervenkrieg: Über 40 Ausländer bangen um ihr Leben. Extremistenführer Moktar Belmoktar liess verlauten: «Jetzt tragen wir unseren Konflikt in die Welt hinaus.»
Die blutige Geiselnahme auf einem Erdgasfeld in Algerien entwickelt sich zum Nervenkrieg. Regierungstruppen blockieren weiterhin den Fluchtweg der Extremisten und kesselten sie mit Soldaten und Helikoptern ein. Zuvor haben die Islamisten 41 Ausländer auf einem Gasfeld im Süden des Landes in ihre Gewalt gebracht, mindestens zwei wurden getötet. US-Verteidigungsminister Leon Panetta sprach von einem «Terroranschlag» und drohte mit Gegenmassnahmen, ohne diese näher zu erläutern. Die algerische Regierung lehnt Verhandlungen mit den ringsum belagerten Geiselnehmern kategorisch ab.
Die Regierungen in Irland, Norwegen, Grossbritannien, Japan und den USA bestätigten, dass Staatsbürger ihrer Länder gefangen genommen wurden. Eine französische Geisel sagte laut dem Fernsehsender France 24, unter den Entführten seien Engländer, Japaner, Philippiner und Malaysier. Laut dem Sender sagte der Franzose, die Geiseln würden in einem mit Sprengfallen präparierten Gebäude auf einem BP-Gasfeld festgehalten. Mehrere Geiseln trügen Sprengstoffgürtel, um mögliche Angriffe von Sicherheitskräften zu verhindern. Frankreich hat bislang nicht offiziell bestätigt, dass einer seiner Staatsbürger unter den Geiseln ist.
«Maskierte Brigade» bekennt sich
Die dem Terrornetzwerk al-Qaida nahestehende «Maskierte Brigade» des einäugigen Extremistenführers Moktar Belmoktar bekannte sich der mauretanischen Nachrichtenagentur NIA gegenüber zu dem Angriff auf den Erdgaskomplex Ain Amenas, der 1300 Kilometer südlich der Hauptstadt Algiers tief in der Sahara-Wüste liegt. Sie begründete die Aktion mit dem Überflugrecht, das Algerien der französischen Luftwaffe wegen ihres Kampfes gegen die islamistischen Rebellen in Mali gewährt hat.
Die Entführer der mehr als 40 Menschen in Algerien haben ein Ende der französischen «Aggression» in Mali gefordert. Die Geiselnahme sei eine erfolgreiche Reaktion auf den «Kreuzzug der französischen Truppen» in Mali, hiess es in einer auf der mauretanischen Website Alakhbar veröffentlichten Erklärung.
Auf der Website werden regelmässig Mitteilungen von Jihadisten publiziert. «Wir bestätigen, dass die Geiseln mehr als 40 Kreuzfahrer sind, darunter sieben Amerikaner und zwei Briten», hiess es in der Mitteilung der Gruppe des Algeriers Mokhtar Belmokhtar weiter. Belmokhtar ist einer der bekanntesten Anführer des nordafrikanischen Al-Qaida-Ablegers AQMI. Algerien sei als Ort der Geiselnahme ausgewählt worden, weil der algerische Luftraum für die französische Luftwaffe geöffnet worden sei.
«Die Vereinten Nationen haben grünes Licht für diese Intervention gegeben, und alle westlichen Länder werden den Preis dafür zahlen», sagte ein Vertrauter Belmoktars der Nachrichtenagentur AP. «Jetzt tragen wir unseren Konflikt in die Welt hinaus.»
Algerische Regierung lehnt Verhandlungen ab
Der britische Ölkonzern BP, der das Gasfeld zusammen mit dem norwegischen Energiekonzern Statoil und dem algerischen Staatsunternehmen Sonatrach betreibt, bestätigte den Vorfall. Nach algerischen Regierungsangaben hatten 20 schwer bewaffnete Angreifer in drei gepanzerten Fahrzeugen zunächst einen Bus mit Mitarbeitern der Gasanlage attackiert.
Einheimische Sicherheitskräfte hätten den Komplex später umstellt. Der Mitarbeiter eines Caterers vor Ort sagte dem französischen «Journal de Dimanche», dass Hubschrauber über die von der Armee eingekesselte Anlage geflogen seien. Örtlichen Medienberichten zufolge soll es auch Gefechte gegeben haben.
«Algerien wird nicht auf die Forderungen von Terroristen eingehen und lehnt jegliche Verhandlungen ab», sagte der algerische Innenminister Daho Ould Kabila, und nährte damit Spekulationen über eine gewaltsame Geiselbefreiung. Über die Zahl der Geiseln, die Kabila mit «ungefähr 20» angab, herrschte zunächst Unklarheit.
Algerische Geiseln unversehrt freigelassen
Nach Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur wurden auch Hunderte algerische Arbeitskräfte gefangen genommen, später aber nach und nach unversehrt freigelassen. Meldungen wonach die Angreifer aus Mali oder Libyen stammen sollen, wies Kabila zurück.
Algerien ist das grösste Land auf dem afrikanischen Kontinent und gilt als Verbündeter der USA und Frankreichs im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Die Beziehungen zwischen Algiers und Paris sind allerdings latent belastet durch die jahrzehntelangen Spannungen mit der früheren Kolonialmacht und den blutigen Unabhängigkeitskrieg vor 50 Jahren.
dapd/AFP/rub/rbi/chk/bru
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