Heim- und Verdingkinder in ThunEin Zeichen der Erinnerung an ein trauriges Geschichts-Kapitel
Auch Thun organisiert im Juni Gedenkveranstaltungen und eine Plakatausstellung in Erinnerung an Heim- und Verdingkinder; ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte.

Mehr als 2000 Heim- und Verdingkinder, administrativ Versorgte, Zwangssterilisierte, Zwangsadoptierte und Psychiatrieopfer leben heute allein im Kanton Bern. Zehntausende sind bereits verstorben. Das Bundesgesetz zur Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 bezweckt die Anerkennung und Wiedergutmachung des Unrechts, das den Betroffenen zugefügt wurde. Neben der Auszahlung eines Solidaritätsbeitrags sieht das Gesetz vor, dass die Kantone Zeichen der Erinnerung schaffen.
Das Berner «Zeichen der Erinnerung» besteht aus mehreren Teilprojekten, die der Kanton in enger Zusammenarbeit mit Gemeinden, Schulbehörden, kirchlichen Organisationen und Betroffenen umsetzt. Insgesamt nehmen 166 Berner Gemeinden am Projekt teil, unter ihnen die Stadt Thun. «Wir nutzen das Angebot des Kantons, um die Bevölkerung zu sensibilisieren und ihr das traurige Kapitel und die vielen Schicksale in Erinnerung zu rufen – auch, damit sich so etwas nie wiederholt», sagt Stadtpräsident Raphael Lanz (SVP).
Gedenkanlass und Plakatausstellung
Am 2. Juni führt die Stadt Thun im Rathaus einen Gedenkanlass durch, den Stadtpräsident Raphael Lanz mit einer Rede eröffnet. Anschliessend findet eine Gesprächsrunde statt mit vier Personen, die an der Aufarbeitung des Themas mitgewirkt haben: Godi Brunner (Betroffener), Anita Egli (Stadtarchivarin Thun), Barbara Studer Immenhauser (Staatsarchivarin Kanton Bern) und Udo Allgaier (Stiftung Opferhilfe Bern). Der Anlass ist öffentlich, eine Anmeldung ist erforderlich (vgl. Infobox).
Vom 5. bis 16. Juni ist im Entree des Rathauses die Plakatausstellung des Kantons zu sehen. Ziel der Ausstellung ist die Verbindung des historischen Themas mit konkreten Biografien und Erfahrungen. Weiter wird am 2. Juni im Eingangsbereich des Rathauses eine bleibende Erinnerungstafel angebracht. Sie sensibilisiere «für Unrecht und Willkür und regt dazu an, Visionen zu entwickeln, wie derartiges Leid künftig verhindert werden kann», schreibt die Stadt in einer Medienmitteilung zum Thema.
Podcast «Auf den Spuren fremdplatzierter Kinder»
Neben der Plakatausstellung und der Erinnerungstafel lanciert die Stadt Thun mit dem Podcast «Auf den Spuren fremdplatzierter Kinder in Thun bis 1981» ein eigenes Projekt. In den acht Folgen kommen Akteurinnen und Akteure der damaligen Zeit zu Wort. Mit dem Podcast setze die Stadt auch den parlamentarischen Vorstoss betreffend Verdingkinder und administrativ versorgte Menschen in der Gemeinde Thun um, heisst es.
Thema an den Schulen
Auch die Thuner Schulen sind gemäss der städtischen Mitteilung eingeladen, am Projekt «Zeichen der Erinnerung» mitzuwirken. Insbesondere können sie in einem «Erzählbistro» jungen Menschen die Begegnung mit Betroffenen ermöglichen und so Geschichte konkret erlebbar und greifbar gestalten. «Ziel ist, die Möglichkeiten und die Grenzen von Entschuldigung und Wiedergutmachung aufzuzeigen sowie für Perspektiven der Versöhnung mit Geschichte zu sensibilisieren», schreibt die Stadt.
pd/maz
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