Ein Stück Geschichte wird lebendig
Die Tambouren zeigen in Kürze ihre neue Uniform. Diese ist dem Rock eines einstigen Langenthaler Militärmusikanten nachempfunden. Auch das Gemälde im Bären spielt dabei eine Rolle.

Schnittig und würdevoll ist der Eindruck, den diese Figuren hinterlassen. Sie sind Bestandteil der Malereien im Traffelet-Saal des Langenthaler Hotels Bären. Das Wandgemälde stammt von 1936. Erst vor zwei Jahren ist es restauriert worden.
So frisch und leuchtend die Farben der Offiziersuniformen auf dem Gemälde nun daherkommen, so glanzvoll will sich bald auch Langenthals Tambourenverein präsentieren. Vor einiger Zeit haben die Mitglieder entschieden, sich eine brandneue Uniform zuzulegen.
Diese wird nicht nur einen Bezug zum Wandgemälde von «Soldatenmaler» Friedrich Eduard Traffelet (1897–1954) aufweisen. Die neue Garderobe ist überdies dem Rock eines Langenthaler Militärmusikanten aus der Zeit um 1820 nachempfunden. Ein solcher ist in Traffelets Darstellung zwar nicht eins zu eins abgebildet. Die Uniform des Musikanten sah aber sehr ähnlich aus wie die edlen Röcke der gemalten Offiziere.
Das Wandbild im Bären zeigt das erste schweizerische Offiziersfest von 1822 – eine nicht ganz unwichtige Szene in der Geschichte der Schweiz: Das Treffen, das in Langenthal abgehalten wurde, half, den Bundesstaat von 1848 vorzubereiten. Der Langenthaler Musterplatz wurde damals auch als das «Rütli des 19. Jahrhunderts» bezeichnet.
Per Zufall darauf gestossen
«Mit unserer neuen Uniform können wir Langenthal ein Stück Geschichte zurückgeben», sagt Stefan Haus, Technischer Leiter des Tambourenvereins. Dass es dazu kommt, ist indes eher einem Zufall zu verdanken. Angefangen beim Grundsatzentscheid der Vereinsmitglieder: Soll eine moderne oder doch eher eine historische Uniform angeschafft werden?

Nachdem sich die historische Variante durchgesetzt habe, sei das Organisationskomitee auf Recherche gegangen, erzählt Haus. Beim Durchblättern des Werks «Berner Uniformen 1700–1850» von Uniformenmaler Roland Petitmermet seis dann passiert – für die Tambouren ein Glücksfall, wenn nicht gar eine kleine Sensation: «Musikant.
Nach einem Rock, bezeichnet ‹Militärmusik von Langenthal›. Historisches Museum Bern», stand in dem Buch geschrieben. Und zwar als Legende zur Abbildung eines blau-roten Rockes, der allerlei Verzierungen wie Bändel, Ornamente, Knöpfe und Bordüren aufweist – frackartig im Schnitt und selbstverständlich mit Stehkragen. Ein richtiges Bijou, ist man versucht zu sagen.
Originales Stück im Museum
Im Historischen Museum konnten die Tambouren ihre Trouvaille schliesslich begutachten: Die Uniform des Langenthaler Militärmusikanten ist in Bern noch im Originalzustand vorhanden. Die Abbildung wie auch die Originalbekleidung dienten dem ausgewählten Kirchberger Uniformenschneider denn als Vorlage für die Herstellung.
Nebst dem Oberteil galt es aber auch noch das Erscheinungsbild der Hose und jenes der Kopfbedeckung zu definieren. Untenrum haben sich die Tambouren für eine weisse Variante entschieden. Das sei die «Sommerhose» der damaligen Musikanten gewesen, erklärt Stefan Haus, während eine blaue Hose im Winter getragen worden sei.
Spektakulärer als die Wahl der Hose ist jene der Kopfbedeckung: Ein sogenannter Tschako soll es sein. Ähnlich wie jener zylinderförmige Hut, der auch auf dem Traffelet-Wandbild zu sehen ist (zweiter Offizier von links, siehe Bild oben).
«Der Tschako rundet die Uniform ab. Mit ihm wird die Erscheinung erst richtig interessant», freut sich Vereinspräsident Christoph Jost auf die historische Kopfbedeckung, die ebenfalls einen unverkennbaren Bezug zu Langenthal aufweist: Ein Plättchen an der Stirnseite des Tschakos wird die Zahl 11 enthalten. Dem Kanton Bern hätten damals 11 Militärdepartemente angehört, erklärt Stefan Haus. Wangen an der Aare sei das elfte Departement gewesen – und dazu habe auch Langenthal gezählt.
Kostspielige Anschaffung
Der aufwendige Tschako ist der teuerste Bestandteil der neuen Uniform. Über den Daumen geschätzt mache er rund die Hälfte der Kosten aus. Komplett schlägt eine einzelne Uniform für die Tambouren mit 5000 Franken zu Buche.
Bestellt worden sind insgesamt 16 Stück – für die momentan aktiven Stammmitglieder. Man rechne selber nach, welches Budget nötig ist für die Anschaffung der Uniformen – notwendiges Reservematerial noch nicht mitgerechnet.
Dass für ein solches Vorhaben Teile des Vereinsvermögens aufgewendet werden müssen, versteht sich von selbst. In Aussicht gestellt wurde den Tambouren aber auch eine namhafte Beteiligung des kantonalen Lotteriefonds. Zudem sei die Sponsorensuche äusserst erfolgreich verlaufen, sagt Christoph Jost.
Geholfen habe ihnen dabei sicherlich die Geschichte und Aufmachung ihrer historischen Uniform. So hätten sich insbesondere in der Region ansässige Unternehmen für das «Produkt mit Lokalbezug und Tradition» begeistern können.
Spass und Drill zugleich
Ein weiteres Produkt der Langenthaler Tambouren sind ihre leichtfüssigen und modernen Interpretationen der Trommelkunst. Quietschende Gummihammer oder bunte Plastikrohre ersetzen zuweilen die traditionelle Trommel als Instrument – um nur zwei Beispiele zu nennen.
Den spassigen Darbietungen zum Trotz: «Diszipliniert und präzise muss es immer sein – ob nun bei einer lockeren Show oder während der Marschmusikparade in der Marktgasse», sagt Stefan Haus, der als Technischer Leiter während der wöchentlichen Proben gerne auch mal seine militärische Ader durchblicken lässt.
Insofern knüpfen die Langenthaler Tambouren auch beim Trommeln an frühere Zeiten an, denn als herkömmliche Militärmusik wurde auch hierzulande einst das Querpfeifen- und Trommelspiel verstanden. Damit wurde das schweizerische Fussvolk auf seinen Kriegszügen begleitet.
Zuerst Signalgeber
Die Musikanten nahmen dabei zunächst die Rolle von Signalgebern ein. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstanden dann nach französischem Vorbild Regimentsmusiken. Diese Kapellen, die im 18. Jahrhundert auch in Bern nachgewiesen werden können, unterscheiden sich vom bisherigen Pfeifen- und Trommelspiel deutlich durch die Mehrstimmigkeit mit Melodie und Harmonie, wie dem Werk von Roland Petitmermet entnommen werden kann.
Einer solchen Kapelle gehörte wohl auch der Langenthaler Militärmusikant an, dessen Rock noch heute im Bernischen Historischen Museum hängt – und dessen nachgebildete Uniform am 20. Mai erstmals öffentlich präsentiert wird (siehe Infobox).
Eine Visualisierungseiner neuen Uniform zeigt der Tambourenverein im Internet auf www.tambouren-langenthal.ch.
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