Ein Spätberufener erlebt die plötzliche Aufmerksamkeit
Langnau-Verteidiger Jörg Reber ist einer der Gründefür den Höhenflug der Tigers.Mit 36 Jahren gibt er heute in Grenoble gegen Frankreich sein Länderspieldebüt.
Von Etienne Wuillemin Seit 20 Jahren spielt Jörg Reber als Profi in der Schweiz Eishockey. Und trotzdem hat man ihm noch nie solche Aufmerksamkeit geschenkt wie in diesen Tagen. «Schuld» ist das Aufgebot des 36-Jährigen für die Nationalmannschaft. «Zusammen mit den NLA-Aufstiegen in La Chaux-de-Fonds und Biel gehört dieser Moment zu den schönsten meiner Karriere», sagt der Oldie. Es ist Montagmorgen. Die Kameras des Schweizer Fernsehens begleiten Reber auf dem Weg an die Raststätte Grauholz. Um 10.50 Uhr besteigt er den Bus des Nationalteams. Er ist froh, die Intimität der Mannschaft erreicht zu haben. «Ich brauche die Aufmerksamkeit nicht, aber sie gehört jetzt eben dazu», sagt Reber. Erst ab diesem Moment kann sich der Vater von Alina (6), Jamiro (4) und Nerea (2) so richtig mit dem Nationalteam auseinandersetzen. Zu intensiv war die letzte Langnau-Woche mit drei Spielen. Nervös ist er nicht, «es geht um Eishockey, also um nichts Neues!». Der Bus fährt los Richtung Grenoble. Und um 18.30 Uhr bestreitet Reber sein erstes Training in diesem Kreis. Bis zum heutigen Tag ist Reber einer von nur zehn Schweizern der National League A, die 30 oder älter sind und noch nie ein Länderspiel absolviert haben. Die Botschaft, die Coach Sean Simpson mit dem Aufgebot Rebers entsendet, ist eindeutig: Jeder, der mit guten Leistungen auffällt, darf sich Chancen auf die Nationalmannschaft ausrechnen. Egal, ob er 17- oder 36-jährig ist. Der Trainer sagt: «Wir wollen Reber internationale Erfahrung geben und sehen, ob er bei uns der gleiche Leader ist wie in Langnau.» Rebers Weg in die Nationalmannschaft erstaunt gleichwohl. NLA und NLB wechselten sich in seiner Karriere immer wieder ab. Bern, La-Chaux-de-Fonds und Rapperswil hiessen die ersten Stationen. Ab 2001 trug er das Trikot des EHC Biel und war 2008 massgeblich am Aufstieg in die NLA beteiligt. In seiner bis heute letzten NLB-Spielzeit durfte er für fünf Spiele bei Kloten aushelfen und skorte immerhin vier Assists. Trainer Eldebrink erinnert sich an einen physisch starken Verteidiger mit einer guten Balance, und das trotz seiner geringen Körpergrösse von 1,70 m. Von diesen Qualitäten ist man auch im Emmental überzeugt. Reber hat unlängst einen neuen 2-Jahres-Vertrag erhalten. Als er im Sommer 2009 zu den Tigers wechselte, wussten er und seine Kollegen lange gar nicht, ob es für Langnau überhaupt eine Zukunft in der NLA gibt. Ob der Lohn pünktlich bezahlt wird, war stets ungewiss. Mittlerweile hat sich vieles verändert. Vom sicheren Abstiegskandidaten haben sich die Emmentaler mit Reber zum ernsthaften Anwärter auf das Playoff entwickelt. Vorerst ist Langnau indes weit weg. Es zählt das Spiel gegen Frankreich. Und es zählt der Eindruck, den Reber bei Simpson hinterlässt. Schliesslich sagt dieser: «Wir wissen nicht, was im April ist. Ich habe keine Ahnung, wie viele Spieler ich aus Nordamerika bekomme.» Gegen Frankreich hat Reber eine erste Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass seine Länderspielkarriere mehr als nur die drei Spiele dieser Woche dauert. Der «alte» Mann und das Mehr: Bei den Tigers geht Jörg Reber (Mitte) derzeit voran, im Nationalteam feiert er heute nach 20 Jahren Profitum sein Debüt.Foto: Peter Klaunzer (Key)
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